Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 115

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Dies kommt unter anderem durch ein gesunkenes Zinsdifferential zu Deutschland zum Ausdruck. Im zehnjährigen Bereich ist, wie Sie wissen, der Zinsspread zu Deutschland, der im Herbst 1995 noch bei 45 bis 50 Basispunkten gelegen hat, völlig verschwunden – und dies bei einem tendenziell sinkenden Zinsniveau. Auch die österreichischen Devisenreserven weisen eine eindeutig steigende Tendenz auf. Sie haben gemäß dem letzten Wochenausweis der Oesterreichischen Nationalbank eine Höhe von 204 Milliarden erreicht, während es Ende 1995 erst 179 Milliarden waren. Dies ist ein eindeutiger Beweis des Vertrauens der internationalen Kapitalmärkte in die österreichische Budgetpolitik und in den österreichischen Bankplatz.

Auch die Entwicklung der Aktienkurse zeigt dies deutlich. Wir haben erst gestern das Sechsjahreshoch beim ATX erreicht, und dies, obwohl bei neuen Engagements bei Aktien die Anonymität eben nicht mehr gegeben ist. Trotzdem kam es zu diesem Höchstkurs. Es ist daher meines Erachtens zurzeit keine Änderung bezüglich Bankgeheimnis erforderlich.

Zur Frage der Sparbuchanonymität, die Sie angezogen haben: Auch das kann kein Grund für eine Änderung des Bankgeheimnisses sein. Österreich wird bei seinem Standpunkt bleiben, daß die anonymen Sparbücher nicht zur Geldwäsche geeignet sind, und wird dies juristisch sehr gut begründet auch der Kommission darlegen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Graf: So wie bisher!)

Ich kann natürlich nicht mit Sicherheit sagen, zu welcher Schlußfolgerung der Europäische Gerichtshof kommen wird, sofern die Kommission sich an ihn wenden wird. Aber eine Notwendigkeit, das Bankgeheimnis etwa vorsorglich zu ändern, ist nicht gegeben.

Das österreichische Bankgeheimnis ist so, wie es im österreichischen Recht abgesichert ist, als ein sehr gutes zu bezeichnen. Die normierten Ausnahmen vom Bankgeheimnis sind aus Gründen der Zivil- und Strafrechtspflege, aber auch zur Vermeidung der Steuerhinterziehung erforderlich. Hinzuweisen ist auch besonders darauf, daß eine Verschärfung des Bankgeheimnisses Österreich im internationalen Umfeld in eine schiefe Optik bringen könnte. (Abg. Mag. Stadler: Warum? Begründung!)

Im internationalen Vergleich ist das österreichische Bankgeheimnis durchaus herzeigbar. Lassen Sie es mich mit dem der Schweiz vergleichen, um hier eine Begründung zu geben.

Während das Bankgeheimnis in Österreich eine gesetzliche, nur mit Verfassungsquoren abänderbare Basis hat, beruht das schweizerische nur zum Teil auf Gesetz, teilweise nur auf Judikatur, welche sich natürlich auch ändern kann. Die strafrechtliche Absicherung des Bankgeheimnisses in Österreich und in der Schweiz ist gleichwertig. Der Unterschied liegt lediglich darin, daß es sich in Österreich um ein Ermächtigungsdelikt, in der Schweiz um ein Offizialdelikt handelt. (Abg. Dr. Graf: Und in der Beweislastumkehr!)

Bei der Durchbrechung des Bankgeheimnisses fällt auf, daß die Banken in der Schweiz in Geldwäschefällen – und gerade das ist ein sehr wichtiges Thema – zur Anzeige berechtigt sind, während die österreichischen Banken dazu verpflichtet sind, und das ist ein sehr wesentlicher Punkt in der momentanen Diskussion. Andererseits ist das österreichische Bankgeheimnis im Zivilprozeß besser geschützt.

Sehr ähnlich, wenn man das wirklich seriös vergleicht, verhält es sich in Österreich und in der Schweiz bei der Handhabung in Abgabesachen. Das schweizerische Bankgeheimnis wird bei einfachen Steuerwiderhandlungen nicht durchbrochen, wohl aber bei Steuerbetrug, das österreichische Bankgeheimnis nur bei vorsätzlichen Finanzvergehen, und ich meine, es ist durchaus berechtigt, das Bankgeheimnis in solchen Fällen zu durchbrechen. (Abg. Dr. Graf: Gerichte sollen entscheiden, nicht Behörden!)

Hohes Haus, ich fasse zusammen: Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Verschärfung des Bankgeheimnisses aus unserer Sicht nicht erforderlich, und wir setzen daher derzeit keine Schritte in diese Richtung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

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