Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 51

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wurde, nämlich § 12a, einmal in aller Ruhe und mit Gelassenheit zu betrachten. Daß sich das Ganze in einem Gesamtgesetz bewegt, an dem wir aus liberaler Sicht einige Kritik anzubringen haben – mein Kollege Helmut Peter wird dazu auch noch das Wort ergreifen –, weil wir der Auffassung sind, daß die Inhalte zwar grundsätzlich stimmig sind, aber die Regelungsformen keineswegs zeitgemäßen Standards entsprechen, ist ein anderes Kapitel.

Ich wende mich jetzt ganz bewußt, weil es offenbar symbolisch, politisch zugespitzt wird, dem § 12a dieses Antrages zu. Ich möchte nur außer Streit stellen, daß ich der Meinung bin, niemand in diesem Haus verdient sich den Vorwurf, er vertrete keine redlichen Anliegen. Man kann über die Art und Weise streiten, wie Anliegen vertreten werden, aber a priori irgend jemandem zu unterstellen, daß er in einer Frage wie dieser keine redlichen Anliegen habe, halte ich für unerträglich.

Ich wollte das hier feststellen, denn auch bei Kritik muß man die Menschenwürde des Kritisierten schon auch ein bißchen beachten. Man kann sagen, es ist ganz falsch, es geht in die falsche Richtung, Sie machen etwas, was wir nicht akzeptieren können, Sie machen dies und jenes, wir sind dagegen, wir haben eine Mehrheit hinter uns beziehungsweise werden wir eine finden. Man darf aber niemandem unterstellen, daß böse Absicht im Spiel sei, wenn man sich bemüht, für die Regelung der Arbeitszeiten Rahmen zu finden, die mehr Beweglichkeit erlauben, und die ja keineswegs die Verantwortlichkeit aus dem System nehmen, denn das, was vorgesehen ist, delegiert die Verantwortung im konkreten Fall auf die Ebene der Kollektivvertragspartner. Natürlich kann man immer noch fragen, zu welchen Konditionen dies geschieht.

Aber daraus die "Abschaffung des Sonntags" zu machen, das kann ich nicht nachvollziehen. Der Sonntag trägt mehrere Elemente: Er ist der Tag, an dem keine Gerichtsverhandlungen stattfinden dürfen, er ist der Tag, an dem keine Ladungen zugestellt werden dürfen, und er trägt viele, viele andere Elemente. Er ist ein kulturelles Merkmal unserer Gesellschaft. Die Sieben-Tage-Woche ist nicht zufällig am Reißbrett entstanden, sie ist ein Viertel des Mondmonates, und seit Menschengedenken leben wir in einem solchen Zeitrhythmus. Er strukturiert unsere Zeit. Aber ich kann nicht erkennen, daß dieses Gesetz daraufhin orientiert wäre, diese Zeitstruktur vernichtet, sondern es ist ein – vielleicht nicht ganz geglückter, das gebe ich schon zu – Versuch, die Zeitstruktur lebbar zu machen, das heißt, gesellschaftliche, kulturelle, religiöse und sonstige Anliegen mit Notwendigkeiten des Gesamtüberlebens einer Gesellschaft zu kombinieren.

Ich meine, die Notwendigkeit, daß eine Gesellschaft sich selbsterhaltungsfähig hält, ist sowohl ein sozialpolitisches als auch ein wirtschaftspolitisches, einfach ein menschliches Anliegen. Und das wird hier zur höheren Ehre von populär wirkenden Forderungen und von theatralisch aufgebauschten, schwarzen oder roten – was immer Sie in diesem konkreten Fall wollen – Gespenstern, die an die Wand gemalt werden, in den Hintergrund gedrängt, und das eigentliche Problem, das wir haben, nämlich daß wir schonende und lebbare und für die Menschen nicht zur Ausbeutung führende Formen der Flexibilisierung brauchen, das verschwindet völlig hinter dem Horizont.

Ich meine daher, daß diese Aufgeregtheit unangebracht ist. Die Allianzen, die sich da gebildet haben, sind – erlauben Sie mir diesen Ausdruck – nicht heilig, es fehlt vielmehr davor noch ein Wort; und um mir keinen Ordnungsruf einzuhandeln, lasse ich es weg. Diese Allianzen sind nicht heilig. Sie sind billig, sie sind effektheischend. Und das sage ich, obwohl bei dieser Diskussion ein Generalvikar gesessen ist, den ich persönlich durchaus schätze. Er hätte das nicht notwendig gehabt, er hat andere Möglichkeiten, sich zu artikulieren.

Ich erinnere mich an den Antrag der grünen Fraktion, den Kollege Öllinger in den Ausschußberatungen eingebracht hat: Man möge den §12a Abs. 1 dahin gehend ändern, daß, wenn es technologisch notwendig erscheint, auch die Kollektivvertragspartner ermächtigt sein sollen, Ausnahmen zu genehmigen.

Der Abgeordnete der Grünen hat im Ausschuß also noch gewußt, daß es sinnvoll sein kann, den Kollektivvertragspartnern aus technologischen Gründen Ausnahmemöglichkeiten einzu


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