Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 64

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich darf daher eingangs feststellen: Wir beschließen heute ein Gesetz, bei dem wir nur das Spielfeld, den Rahmen vorgeben, und das Umgehen mit der Flexibilisierung in den einzelnen Fällen in der Praxis wird Aufgabe der Gewerkschaft mit dem Instrumentarium des Kollektivvertrages sein. Ich werde später auf einige Beispiele hinweisen, wo wir doch sehr viele Vorteile und Absicherungen für die Arbeitnehmer erreichen konnten in jenen Vereinbarungen, die bis dato abgeschlossen worden sind.

Zur Frage der Überstunden: Herr Abgeordneter Haider hat von einer generellen Rodung der Überstunden gesprochen. Ich werde ihm den Nachweis erbringen, daß das nicht stimmt. Die Frau Bundesministerin hat dankenswerterweise klargestellt, daß jene Horrorzahl von 10 Milliarden Schilling, die eine Tageszeitung, sich auf eine Studie der AK beziehend, groß gebracht hat, nicht richtig ist. Auch die Horrormeldungen von Ihrer Seite – 10 Prozent weniger Lohn, 100 Milliarden Schilling Verlust – stimmen nicht. (Abg. Dr. Haider: Jetzt seid ihr schon gegen eure eigenen Studien!)

Die Studie ist davon ausgegangen ... (Abg. Dr. Haider – ein Schriftstück zeigend –: Das Flugblatt kennen Sie aber schon, Kollege Nürnberger!) Nehmen wir die Tatsachen her, damit wir wissen, von welcher Größenordnung der Überstunden wir sprechen.

Die letzten verfügbaren Zahlen der gesamten Metallindustrie aus dem Jahre 1995: Pro Kopf wurden jährlich 40,5 Überstunden geleistet. – Wir diskutieren hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Schnitt über eine Überstunde pro Woche pro Beschäftigten. Es werden aber nicht alle Überstunden wegfallen, ganz einfach deshalb, weil man nicht alle Überstunden mit dem Instrumentarium der Flexibilisierung beseitigen wird.

Einer großen Gewerkschaft ist es sogar gelungen, Überstundenzuschläge ab der 32. Stunde zu bekommen, weil wir in unserer Vereinbarung klargestellt haben, daß, wenn in einem Bandbreitenmodell gearbeitet wird und in der kurzen Woche, in der 32 Stunden gearbeitet wird, aufgrund eines vermehrten Arbeitsbedarfes länger gearbeitet wird, die 33. Stunde und die folgenden bereits Überstunden sind. Wir haben auch Sorge dafür getragen, daß nicht jongliert werden kann. Wenn es nicht in dem vorgesehen Rahmen zur Abgeltung in Form von Freizeit kommt, dann sind die Überstunden mit Strafzuschlägen – der Überstundenzuschlag beträgt dann 87,5 Prozent – auszubezahlen.

Ich gebe Herrn Kollegen Öllinger recht, wenn er meint, daß viele Wirtschaftsfachleute gesagt haben, Flexibilisierung macht nur Sinn, wenn sie mit einer Arbeitszeitverkürzung einhergeht. Ich muß zugeben, eine generelle Arbeitszeitverkürzung war nicht möglich, aber in den bisher vorliegenden Kollektivverträgen – ich gehe davon aus, daß diese Kollektivverträge beispielgebend für viele andere sein werden – gibt es Zeitzuschläge pro geleisteter Stunde in einem Bandbreitenmodell: 25 Prozent oder 15 Minuten. Das sind auf die gesamte Brandbreite von 45 Stunden gerechnet eineinviertel Stunden und in Wirklichkeit auch eine Arbeitszeitverkürzung um eineinviertel Stunden.

Aber generell zur Problematik der Überstunden – ich glaube, daß wir uns auch im Hohen Haus darüber Gedanken machen müssen; gerade als Gewerkschafter, daher sage ich meine persönliche und auch die Meinung vieler oder fast aller Gewerkschafter –: Gerade angesichts der 300 000 Menschen, die keinen Arbeitsplatz haben, bekenne ich mich zu jener Aussage, die Professor Dr. Bernd Marin (vergl.) am letzten Gewerkschaftstag der Gewerkschaft der Metaller gemacht hat, nämlich: Wenn man einen Großteil der Überstunden – ich weiß, bei allen geht das nicht – durch Zeitausgleich abgelten könnte, würde man auf einen Schlag 30 000 bis 35 000 neue Jobs schaffen.

Ich glaube, daß gerade jene Menschen, die keinen Arbeitsplatz haben, diese Solidarität brauchen würden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt ein Schmankerl: Herr Kollege Haider, ich habe genau hingeschaut: Bei Ihren Ausführungen hat die gesamte Mannschaft, der ganze Klub fest applaudiert, als es geheißen hat: Rodung von Überstunden! (Abg. Dr. Haider: Bei Ihnen applaudiert keiner!) Aber es ist immer etwas anderes,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite