Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 113

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der ÖVP! Sie waren ja vehemente Befürworter dieser Technik und sind erst teilweise belehrt worden durch das Ereignis von Tschernobyl. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Offensichtlich lernen Sie nichts aus dem Ozonloch und offensichtlich lernen Sie nichts aus dem Treibhauseffekt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Das sind Bedrohungen, die wir uns selbst eingehandelt haben und die heute nicht mehr umkehrbar sind. Wir können heute diese Entwicklung – so sieht es zumindest aus – nicht mehr stoppen. Wir müssen mit der Bedrohung und mit den schon gezeitigten Folgen leben.

Das sind Beispiele für massive Eingriffe, die uns zwar kurzfristig Vorteile gebracht haben, aber heute müssen wir mit deren Langzeitfolgen leben, und diese sind nicht sonderlich angenehm. Aber Sie ziehen keine Lehre daraus! Das unverantwortliche Gewinnstreben ist im Begriff, uns weitere auf lange Sicht unlösbare Probleme aufzuhalsen. Ich glaube, das ist der falsche Weg, der mit Sicherheit in einer Sackgasse enden wird. Aber selbst um den Preis großer, irreparabler Schäden gehen Sie diesen Weg.

Herr Bundesminister! Ein Eingriff in die Evolution bedeutet unter Umständen, daß sich die Veränderungen über Generationen fortpflanzen werden. Komplexe Systeme werden verändert. Wie sich das im Endeffekt auswirken wird, wissen wir heute noch nicht. Die molekulare Uhr wird verstellt. Ich weiß nicht, ob man das wirklich so mir nichts, dir nichts machen soll. Wer kann heute sagen, was das wirklich bedeutet? Kann das bedeuten, daß etwa nur neue Unkräuter entstehen? Kann das bedeuten, daß neue Rekombinate von Viren entstehen? – Es gibt so viele ungeklärte Fragen, aber trotzdem wollen Sie diese Technologie problemlos übernehmen und ihr in Österreich entsprechende Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Sicher ist, daß ein horizontaler Gentransfer ein enormes Risikokapital in sich birgt.

Herr Bundesminister! Ein Wort auch noch zur Patentierung von Genen. Ich würde gerne Ihre Haltung in diesem Zusammenhang erfahren. Ich bin erschüttert über die Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen. Diese Stellungnahme stammt von hochangesehenen österreichischen Wissenschaftern unter dem Vorsitz von Universitätsprofessor Dr. Günther Kreil. Die weiteren Mitglieder werden Sie wahrscheinlich kennen: Bachmaier, Bydlinski, Hron, Kucsko, Schlögl, Tuppy.

Diese Kommission stellt fest, angesichts der Natur der Gene als chemische Substanzen bestehe kein Grund, Gene bezüglich der Patentierbarkeit anders zu behandeln als andere chemische Substanzen. – Herr Bundesminister! Für diese Kommission gibt es offensichtlich keine ethischen und sozialen Motive, die zur Ausschließung der Patentierbarkeit führen. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. ) Mich würde Ihre Position in dieser Frage sehr interessieren, Herr Bundesminister. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie noch heute dazu Stellung nähmen.

Die freiheitliche Position in dieser Frage ist klar: Die genetischen Grundlagen allen Lebens sind das gemeinsame natürliche Erbe der Menschheit; ein privater Eigentumsanspruch sollte in diesem Bereich nicht gegeben sein. Herr Bundesminister! Sie sind aufgefordert, auf internationaler Ebene, auf europäischer Ebene Initiativen zu ergreifen, um zu verhindern, daß es zur Patentierung solcher Organismen kommt. Sie sind aufgefordert, ein generelles Patentierungsverbot auf internationaler Ebene voranzutreiben. Sie könnten uns auf Ihre Seite bekommen, wenn Sie bereit wären, sich dafür einzusetzen.

Herr Bundesminister! Der Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft trägt ja auch Ihr erklärtes Ziel, nämlich den "Feinkostladen Österreich", zu Grabe. Es wäre ja die Chance, wenn wir in Österreich gentechnikfrei produzieren und damit einen Markt erschließen würden, auf dem man wirklich bereit ist, dafür auch entsprechende Preise zu zahlen. Das ist eine Chance, die es zu nützen gilt, Herr Bundesminister! Ich kann mir nicht vorstellen, wie das gehen soll, wenn nicht mehr garantiert werden kann, daß gentechnikfrei produziert wird, wie dann unsere kleinen bäuerlichen Familienbetriebe in dieser internationalen, mörderischen Konkurrenzsituation überleben sollen. Es wird in erster Linie die ÖVP zu verantworten haben, wenn die letzten bäuer


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