Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 155

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

im Jahr zugegen sein muß. Wir werden also mit einem Zeugen Arbeitszeitaufzeichnungen führen, und dann kommt ein Inspektor und kontrolliert, ob es wirklich 86 Stunden im Jahr waren. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist unerträglich!)

Einen Betriebsarzt brauchen wir auch – 57 Stunden im Jahr. Was wird er denn 57 Stunden lang in einem Betrieb tun? (Abg. Dr. Pittermann: Das ist wichtig!) Er ist wichtig, gnädige Frau. Richtig, er ist wichtig. Er ist wichtig, solange er vonnöten ist. Aber es ist doch blanke Bürokratie, vorzuschreiben, daß er 57 Stunden im Jahr in einem Betrieb sein muß, wo fünf Jahre nichts investiert wird. (Beifall beim Liberalen Forum.) – Aber er muß 57 Stunden anwesend sein. Er darf zwar keinen Krankenschein ausstellen. – Schnupfen darf er mittlerweile behandeln, habe ich gehört. Was macht der Betriebsarzt in einem Dienstleistungsbetrieb, in dem es keine gefährlichen Dämpfe und Produktionen gibt? (Zwischenruf der Abg. Dr. Pittermann. )

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Sie können solche Sachen beschließen, solange Sie wollen. Sie haben die Mehrheit, solange Sie gewählt werden. Aber Sie machen den Wirtschaftsstandort Österreich Stück um Stück teurer, und Sie schaffen damit in diesem Lande Arbeitslosigkeit, weil es sich nicht mehr lohnt, in diesem Land zu investieren. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen! Dort, wo Sie verantwortlich sind – im Bereich des Dienstnehmerschutzes, im Bundesdienst –, handeln Sie in einer Art und Weise, daß es uns Unternehmern in der Privatwirtschaft die Schamröte ins Gesicht treibt. Das ist die Realität. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben Ihnen zwei Anträge vorgelegt: Zum einen den Antrag betreffend Neukodifizierung des ArbeitnehmerInnenschutzes, weil wir Liberalen uns ausdrücklich im Sinne der EU-Richtlinie dazu bekennen. Wir haben klar gesagt, daß Sie das bis Oktober 1997 vorlegen sollen. Und wir haben einen zweiten Antrag eingebracht, der zum Inhalt hat, daß dann, wenn dieser neue Vorschlag vorliegt, der alte Schwachsinn, den Sie beschlossen haben, außer Kraft gesetzt wird.

In diesem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz sind Sie einen weiten Schritt über das hinausgegangen, was Unternehmungen in Österreich im Bereich der privaten Wirtschaft bereit sind, in die Realität umzusetzen. Sie sind weit über das Ziel hinausgeschossen: Sie haben wiederum – wie es die Koalitionsparteien so oft machen – die bürokratischste Reglementierung gewählt, die einem überhaupt nur einfallen kann. Das wird nicht nur Ihnen als Regierung, sondern leider der gesamten österreichischen Wirtschaft und damit auch den Beschäftigten auf den Kopf fallen. Denn bürokratisch reglementierende Schutzvorschriften können sich auch ins Gegenteil verkehren und Arbeitslosigkeit schaffen. Und diese steigt leider in Österreich. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.15

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! In diesem sehr aufschlußreichen Sozialbericht, für den ich besonders der Beamtenschaft herzlichst danken möchte, interessierte mich besonders das Kapitel soziale Krankenversicherung, um die wir weltweit beneidet werden.

Bei relativ geringen Beiträgen – der durchschnittliche Beitrag eines Angestellten selbst beträgt 800 S pro Monat, eines Arbeiters selbst 750 S pro Monat – werden großartige Leistungen geboten. Die gesetzliche Krankenversicherung versichert rund 99 Prozent der ÖsterreicherInnen wesentlich billiger und effizienter als das amerikanische oder deutsche Versicherungssystem. Für diesen hohen Standard ist aber das Instrumentarium der Pflichtversicherung unumgänglich. Eine Versicherungspflicht gefährdet unser soziales Gesundheitssystem. Eine Konkurrenzierung der einzelnen Pflichtversicherungen, wie sie manche fordern, hätte negative Folgen. Einnahmen und Ausgaben der Krankenversicherung sind großteils gesetzlich vorgegeben. Die Folge: Kostspieliger Wettbewerb um junge, gesunde Menschen – die günstigen Risken. Die ungünstigen würden ausgestoßen oder blieben einer Versicherung, die Beiträge erhöhen oder Leistungen vermindern müßte. Deutschland zeigt, wie unsinnig und kontraproduktiv ein derartiges Unter


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite