Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 219

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Ich meine aber, Sie können es auch anders. Ich glaube, Sie haben die Kompetenz dazu und eine wachsende innere Bereitschaft. Man muß diese nur vollständig wecken und herausfordern, damit Sie es auch wirklich tun. Ich sehe es: Sie haben fast schon den Entschluß gefaßt, das zu tun.

"Kunst ist eine in Form gebrachte Forderung nach Unmöglichem" – als alter Freund und Anhänger zitiere ich Camus; leider Gottes durfte ich ihn nie persönlich kennenlernen, aber ich schätze ihn sehr –: Diese Forderung nach dem Unmöglichen sollte man, glaube ich, auch in diese Debatte und diesen Diskurs einbringen.

Es ist – das sei hier wieder erwähnt, ich habe mir das noch genauer angesehen – ein weiterer Aspekt unter dem Titel "Ausstellungen der Bundesmuseen im Ausland" eingebracht worden. Wenigstens da, in diesem überschaubaren Bereich – er umfaßt eineinhalb Seiten – müßte man fragen: Mit welchem Konzept gehen wir mit welcher Ausstellung ins Ausland? Was wollen wir den Spaniern, den Franzosen, den Japanern mitteilen? Ist es Zufall, daß in Japan kaiserliche Schätze ausgestellt werden? Ich kann noch verstehen, daß man das dort präsentiert. Doch in Deutschland, in Finnland – warum, weshalb? Ist es ein Erfolg gewesen? Was steckt dahinter? Warum bringen wir in Frankfurt "Messer, Löffel, Gabel – Museum für Kunsthandwerk"? Warum gerade in Frankfurt? Was ist der Hintergrund?

Ich spitze es bewußt ein bißchen zu und bin jetzt vielleicht ungerecht. Teile einer Antwort waren im Ausschuß bereits zu hören. Ich denke aber, solche Fragen dienen dem Diskurs, den Kollege Morak heute auf seine Art eingefordert hat, indem er davon gesprochen hat, daß es ihn schon gibt – wohl wissend, daß die nachfolgenden Redner dies selbstverständlich einfordern werden.

Resümierend zum tragfähigen Konzept für sämtliche Bundeskunstmuseen: Die Debatte über das Museumsquartier müßte man hier kritisch reflektieren, statt zu sagen: Hurra, jetzt kommt es endlich, wir spüren, es kommt, die Bagger fahren schon in der Gegend herum. Vielmehr müßte man besonders kritisch hinterfragen, wer daran mitgekocht und -geköchelt hat und was alles im Konzept stand und nicht zustandegekommen ist.

Zur Frage des Marketings: Wir können nicht einfach nur feststellen, daß es sinkende Besucherzahlen gibt, vor allem bei den zahlenden Besuchern, sondern wir müssen nach dem Marketing fragen. Gibt es ein Gesamt-Marketingkonzept? Ist zum Beispiel Noever besonders begabt, weil er ein herrlicher Selbstdarsteller ist, bringt er daher im Marketing etwas Besseres zustande?

Das fordere ich ein, dazu möchte ich mich auch einbringen und, wenn wir mehr Zeit haben, die Debatte darüber führen (Abg. Dr. Khol: Du hast eh viel Zeit! Er hat viel Zeit!) : zu Fragen der Kunstvermittlung, der Klassischen Moderne, der Ankaufspolitik – lauter Punkte, die wirklich von Bedeutung sind.

Zu einem Besuch vor kurzem – ich weiß, das gehört nicht in Ihr Ressort, sondern zum Verteidigungsminister, es ist mir aber auch ein Anliegen, trotz der etwas differierenden sicherheitspolitischen Vorstellungen, die ich in letzter Zeit geäußert habe – im Heeresgeschichtlichen Museum: Das wäre ein klassisches Beispiel, anhand dessen man diskutieren könnte. Welches Selbstverständnis hat das Heeresgeschichtliche Museum? Gehen wir alle mit offenem Mund dort vorbei und bewundern, in welchen Epochen und mit welchen Methoden einander die Leute möglichst effizient umgebracht haben, oder kann man daraus – ich unterstelle das nicht – wirklich Lehren ziehen? (Abg. Schieder: Niederlagen feiern!) Könnte man es zu einem "Friedensmuseum" machen? (Abg. Dr. Khol: Bündnismuseum! Dreibund-Museum!)

Das wären zugespitzt einige Überlegungen, die man einbringen könnte, und das wäre meine Forderung. Für diesen Diskurs und für kritische Reflexion trete ich ein, für einen unbequemen Kulturbegriff! Aber nicht Hofmusikkapelle mit Hofberichterstattung verwechseln, lieber Kollege Morak! Darin würde ich an Ihrer Stelle sehr genau sein. (Beifall bei der SPÖ.)

23.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Dr. Petrovic ist die nächste Rednerin.


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