Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 140

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Jetzt weiß ich nicht, ob ich ein mathematisches Problem habe oder ob tatsächlich das stimmt, was ich von der HL-AG vernommen habe, nämlich daß die tatsächlichen Kostenschätzungen für den Bau des Sondierstollens nicht bei den von Ihnen heute verlautbarten 570 Millionen Schilling, sondern bei über 1 Milliarde Schilling liegen und daß sich die Gesamtkosten zusammensetzen aus den 440 Millionen Schilling Auftragssumme, den 125 Millionen Schilling Baukostenerhöhung bis vergangenen Sommer, den 360 Millionen Schilling Zusatzkosten, die für zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen beim Baufortschritt notwendig sein werden, und den Wassereinbruchskosten, die sich ja ganz anders entwickelt haben, als man zunächst gemeint hat.

Das ist aufzuklären, und da zeigt sich, wie schlampig diese Schätzungen meiner Ansicht nach sind. Wir haben ja einen zweiten großen Risikobereich geologischer Natur neben dem Wassereinbruch vom 26. Oktober des vergangenen Jahres. Es handelt sich um den Kampalpenbereich; das ist bekannt. Man weiß, daß dort nur dann der Vortrieb möglich ist – auch aufgrund der falschen Bohrrichtung, die politisch erzwungen wurde; sagen wir es jetzt einmal so –, wenn man massive zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen realisiert.

Nun wende ich mich an Herrn Kollegen Parnigoni. Kollege Parnigoni meint, dieser Wassereinbruch sei in Wirklichkeit eine Kleinigkeit. Herr Kollege! 150 Liter pro Sekunde seit 26. Oktober! Wissen Sie, was das in Summe ausmacht? – Das sind über 2 Milliarden Liter Wasser! Das ist die gesamte Jahreswasserversorgung einer Stadt mit rund 50 000 Einwohnern. Das ist die "Kleinigkeit" an hochqualitativem Wasser, das dort den Bach hinuntergeht! Glauben Sie wirklich, daß wir uns in Österreich solche "Kleinigkeiten" leisten können? – Ich glaube nicht, Herr Kollege Parnigoni! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worum geht es bei dieser Debatte über den Semmering-Basistunnel? – Es müßte erstens Klarheit darüber herrschen, daß wir in Österreich eine Investitionswende weg von der Straße, hin zum öffentlichen Verkehr brauchen. Zweitens brauchen wir richtige Prioritäten bei diesen ÖV-Projekten. Da haben Häupl und Pröll recht, daß zunächst einmal die Priorität beim Nahverkehr und dann erst bei Großprojekten liegt. Und drittens brauchen wir vor allem Intentionen und Investitionen in Richtung Flächenbahn.

Was wir derzeit vor uns haben, ist das Austrocknen der ländlichen Regionen, was den öffentlichen Verkehr betrifft. Uns stehen ganz massive Kappungen – teilweise wurden sie bereits realisiert – beim Fahrplanangebot bevor. Uns stehen – und teilweise wurden sie bereits realisiert – Schließungen von Regionalbahnen bevor. Wir haben extreme Finanzierungsnotwendigkeiten im Bereich des Regionalverkehrs. Wir haben nach wie vor kein Nahverkehrsfinanzierungskonzept.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Rudolf Anschober (fortsetzend): Wir haben deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, in Österreich derzeit eine Bahn, die sich nicht in Richtung einer Flächenbahn, sondern in Richtung einer Schrumpfbahn entwickelt. Daher ist es falsch, Milliardenbeträge in nicht prioritäre Projekte zu investieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Parnigoni: Das ist eine Fehleinschätzung!)

16.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

16.58

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn sich Kollege Parnigoni darüber wundert, daß ein Oberösterreicher, der weder Ökologe noch Verkehrssprecher ist, zum Semmering-Basistunnel das Wort ergreift, dann kann ich das sehr rasch erklären: Der Grund ist schlicht und ergreifend – das habe ich bereits beim Herausgehen zum Rednerpult gesagt – der Slogan: "In Linz beginnt’s!".

Meine Damen und Herren! Der Slogan "In Linz beginnt’s!" war bisher sehr zur Freude der Linzerinnen und Linzer und auch zu meiner eigenen Freude durchaus positiv besetzt. Jetzt allerdings leidet dieses positive Image der Stadt Linz und dieses Slogans. Ich nehme an, daß Sie sich schon vorstellen können, worum es geht. Es geht darum, daß es in den letzten Tagen


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