Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 141

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eine Fülle von Pressemeldungen – in den "Oberösterreichischen Nachrichten", in den "Salzburger Nachrichten", im Nachrichtenmagazin "NEWS" und in der "Presse" – gab, in denen von einem Bauskandal, der in Linz seinen Ausgang nimmt und weit über Linz hinausreicht, die Rede war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! An die Adresse der ÖVP: Ich habe Ihnen vor einigen Wochen eine Geschichte aus der Praxis erzählt, wonach ein Architekt im Auftrag einer ÖVP-Genossenschaft eine Ausschreibung durchzuführen und die Bauüberwachung, die Planung abzuwickeln hat.

Er wurde gebeten, dafür Sorge zu tragen, daß jeder einzelne Professionist bei seinem Angebot eine zehnprozentige Tangente für Parteispenden zugunsten der ÖVP vorsieht. Wenn man damals glaubte, daß das zu einem Aufheulen in den Reihen der ÖVP führt, so hat man sich getäuscht gesehen. Offensichtlich regt es dort niemanden auf, und ich kann das eigentlich nur so interpretieren, daß man sehr wohl um diese Praktik weiß, sie nicht immer duldet, das möchte ich gar nicht bestreiten (Abg. Aumayr: Es stört sie nicht!) , aber es stört im wesentlichen niemanden, solange die Parteikasse entsprechend aufgefüllt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere von der ÖVP! Ich erzähle Ihnen heute eine weitere Geschichte: Da gibt es einen Ferialpraktikanten, dessen einzige Aufgabe darin besteht, daß er Angebote ein und derselben Firma – jeweils mit einer geänderten Firmenadresse und mit einem geänderten Schriftbild – sammelt. Diese Angebotsunterlagen stammen von ein und derselben Firma; vorgegeben wird, daß sie nicht nur der Firma A, sondern auch den anderen Angeboten der Firmen B, C und D zuzuordnen sind, und seine einzige Aufgabe besteht darin, mit diesem Konvolut zu den Firmen, zu den Mitbewerbern und Konkurrenten zu gehen, damit man ihnen die Arbeit erspart, selber die Scheinangebote, die in Absprache erfolgen, abgeben zu müssen.

Und so wundert es mich überhaupt nicht, wenn aus den verschiedenen Aussagen des Linzer Kontrollamtsdirektors Klug hervorgeht, daß es bundesweit bei diesem Vergabeskandal um Milliardenbeträge auf Kosten der öffentlichen Hand geht. Er spricht wortwörtlich davon, daß das nur die berühmte Spitze des Eisberges ist.

Meine Damen und Herren! Dieses Absprachekartell kann naturgemäß nur dann funktionieren, wenn Mitspieler vorhanden sind, Mitspieler in den politischen Parteien, Mitspieler in den Genossenschaften und Mitspieler in der Beamtenschaft.

Daher wird es Sie wahrscheinlich nicht wundern, daß die gemeindeeigenen Bauverwaltungen und die Landesbauverwaltungen sogenannte gelbe Listen führen. Was steht auf dieser gelben Liste? – Da werden ganz genau jene Firmen erfaßt, die sich erlaubt haben, Angebotsunterlagen der öffentlichen Hand, die die Ausschreibung macht, abzuholen. Diese stehen dann auf der Liste, sie sind abschließend erfaßt, und von vornherein weiß die öffentliche Hand, wissen die Beamten, welche Firmen sich an dieser Ausschreibung beteiligen. So funktioniert das System, daß die Absprachen der Bauunternehmer, die in diesen Skandal verwickelt sind, in Abstimmung und unter Mitwirkung einzelner untreuer Beamten durchgeführt werden. Insgesamt geht dieser Skandal zu Lasten des einzelnen Steuerzahlers und auf Kosten der öffentlichen Hand. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird Sie sicher die Reaktion der politischen Parteien – von Rot und Schwarz – auf diesen Vergabeskandal in Oberösterreich interessieren. Landesrat Hiesl meint, das könne es nicht geben, das gebe es nicht in der Beamtenschaft, und übersieht aber oder will offensichtlich übersehen, daß eines dieser anonymen Schreiben genau seine Person trifft, in dem offen die Beschuldigung der Parteienfinanzierung ausgesprochen wird.

Meine Damen und Herren, glauben Sie mir: Als Anwalt bin ich selbst sehr vorsichtig bei der Beurteilung von anonymen Anzeigen, aber dieser Anzeige sind andere Anzeigen vorausgegangen, nämlich Anzeigen, in denen das Procedere sehr exakt aufgelistet ist, wie es im konkreten zu dieser Absprache und zu dieser Auftragsvergabe kommt. (Zwischenrufe der Abg. Seidinger


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