Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 54

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Meine Damen und Herren! Das Prinzip "Therapie statt Strafe" ist grundsätzlich nicht schlecht. "Therapie statt Strafe" soll für jene gelten, die drogenkrank sind, aber nicht für jene, die im Zusammenhang mit ihrer Drogensucht straffällig werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieses Gesetz sieht vor, daß man in Zukunft eine dreijährige unbedingte Strafe in eine bedingte umwandeln kann, wenn nur von sich behauptet wird, daß man an eine Droge gewöhnt sei. Es werden vielleicht Straftäter sagen: Ja, ich bin an eine Droge gewöhnt! – nachweisen kann man es nicht –, und damit wird möglicherweise ein Dealer, der gar nicht süchtig ist, auch von dieser Straffreiheit Gebrauch machen und am nächsten Tag schon wieder auf freiem Fuß sein und sich einer psychotherapeutischen Beratung unterziehen, wofür das Gesetz keinen Erfolgsnachweis verlangt. Das ist wirklich eine schlimme Sache.

Ein Herr Tony Wegas, Anton Sarközi, ein Schickimicki-Mann, der von der österreichischen Politik gefördert, einem 300-Millionen-Publikum als Star präsentiert wurde, der kläglich gescheitert und zum Verbrecher geworden ist, würde nach dem neuen Gesetz, wenn er über 80 Jahre alte Damen überfällt, sie beraubt, nach dem neuen Gesetz straffrei gehen. (Abg. Tegischer: Das ist falsch! Das fällt nicht unter § 35! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) – Er würde straffrei gehen, das ist nicht falsch, das steht so im Gesetz.

Dieses Gesetz bedeutet einen Freibrief für Dealer. Auf einen Großdealer vom Drogenkartell entfallen ungefähr 500 bis 1 000 Kleindealer, weil beinahe jeder Konsument auch ein Dealer ist, weil er sich die Drogen beschaffen muß. Und diese Kleindealer, die Verbrechen verüben, sollen auch dann nicht eingesperrt werden, wenn sie vor Schulen Drogen an Minderjährige verteilen, wenn sie Mitglied einer Drogenbande sind, was besonders schwerwiegende Verbrechen sind. Auch für sie ist die Höchststrafe drei Jahre unbedingt, die jetzt in eine bedingte Strafe umgewandelt wird, wenn sie sich einer psychotherapeutischen Beratung unterziehen – auch sie müssen keinen Therapieerfolg nachweisen.

Wir haben gesehen, daß sich Tony Wegas schon monatelang keiner Kontrolle mehr unterzogen hat, aber trotzdem auf freiem Fuß geblieben ist. Das ist dann die Praxis nach dem Gesetz, das wird jetzt legalisiert. Dafür sind wir nicht zu haben, weil wir Verantwortung für unsere Jugend und Verantwortung für die österreichische Bevölkerung in der Drogenpolitik übernehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen noch folgendes zur Substitutionsbehandlung: Die Substitutionsbehandlung wird jetzt ermöglicht, nicht nur per Verordnung mit Methadon, sondern das wird jetzt zum Gesetz und ist mit jedem Suchtmittel möglich.

Es hat sich jetzt de facto Kollege Leiner durchgesetzt, denn die ÖVP sagt immer, dieses Gesetz trage ihre Handschrift – Kollege Rasinger hat das in einer Pressekonferenz gesagt. – Jawohl, es trägt die Handschrift des Kollegen Leiner, der in einer Presseaussendung die Therapie mit Heroin auf Krankenschein gefordert hat. Mit dem § 8 im Suchtmittelgesetz ist das jetzt möglich geworden. Kollege Leiner, ich gratuliere Ihnen, aber daß Sie sich auch noch rühmen, daß es die Handschrift der ÖVP ist, wenn Sie Heroin auf Krankenschein abgeben können, wenn Sie eine Substitutionsbehandlung mit Heroin durchführen können – und das ist enthalten, da können Sie mit dem Kopf verneinend nicken, das ist ganz einfach möglich und nicht mehr strafbar –, daß sich die ÖVP durchgesetzt hat, verstehe ich nicht, da ja innerhalb der ÖVP große Schwierigkeiten auftreten. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Kollege Rasinger zum Beispiel hat in einem "Kurier"-Interview gesagt: Haarsträubend, dieses Gesetz! In Zukunft wird jeder erwischte Dealer erklären, er sei süchtig, und zwei Jahre später einen Behandlungserfolg nachweisen.

Kollege Kukacka – er ist heute gar nicht gekommen – hat gesagt, daß dieser Gesetzentwurf seine Zustimmung nicht bekommt, er wird seine Zustimmung verweigern – aus all den von mir angeführten Gründen.

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch sehr viel zu sagen, aber meine Redezeit ist zu Ende, daher nur noch folgendes: Die Freiheitlichen fordern eine Drogenpolitik, die bei der Beratung


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