Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 72

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

13.30

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Die heutige Diskussion um das neue Suchtmittelgesetz hat sehr viele Facetten des Problems aufgezeigt. Ich möchte mich zunächst mit den Ausführungen des Erstredners der sozialdemokratischen Fraktion, des Kollegen Guggenberger, auseinandersetzen, weil ich meine, daß zwei Dinge nicht so im Raum stehen bleiben dürfen.

Erstens möchte ich dem Kollegen Guggenberger mitteilen, daß die freiheitlichen Gemeinderäte in Tirol keine Lakaien sind, wie er gemeint hat, sondern, so wie alle anderen Gemeinderäte in Österreich auch, auf die Verfassung vereidigt und in ihren Maßnahmen auch ihrem Gewissen verpflichtet sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Er sollte einmal beim Tiroler SPÖ-Landesobmann Prock (vergl.Teh) und beim Tiroler SPÖ-Bürgermeister in Aurach am Achensee (vgl.Teh) nachfragen, wieso es ihnen nicht gelungen ist, die Bedenken der Bürger dahin gehend, daß sich im Umfeld eines Therapiezentrums – wie zum Beispiel bei den Therapiezentren in Wien – die Drogenszene erst recht einstellt, auszuräumen. Es bestehen die berechtigten Bedürfnisse und das berechtigte Verlangen, die Kinder, die Einheimischen und die Touristen am Achensee vor solch unliebsamen Zuständen, wie sie etwa in Wien im Umfeld der Therapiezentren im vierten und siebenten Bezirk gegeben sind, zu bewahren. Hätte Kollege Guggenberger dort nachgefragt, dann wäre seine Kritik vom Rednerpult aus vielleicht anders zu verstehen gewesen. So, wie er sie geäußert hat, ist sie auf jeden Fall zurückzuweisen.

Es ist klar, daß die Änderung des Suchtmittelgesetzes aus meiner Sicht eine Besserung bringt, zum Beispiel im Bereich der medizinischen Schmerztherapie. Ich meine, daß die medizinische Schmerztherapie in Österreich in den letzten Jahren stark darunter gelitten hat, daß die Formalismen, aber auch die Diskriminierung durch den Mißbrauch mit allzu auffällig gehandhabten Suchtgiftrezepten den Ärzten die Bereitschaft genommen haben, das zu verschreiben, was Jahrzehnte hindurch in der Schmerztherapie bewährt war, was vor allem auch durch die lange medizinische Erfahrung in der Schmerztherapie auch hinsichtlich seiner Nebenwirkungen bestens bekannt war.

Es sind daher immer neue, immer teurere, immer aufwendigere und hinsichtlich der Nebenwirkungen auch immer fragwürdigere Präparate in die Schmerztherapie eingeflossen. Ich hoffe, daß es durch die vorgesehene Änderung in diesem Bereich einige Verbesserungen bei der Schmerztherapie und der Anwendung von Präparaten, die seit Jahrzehnten bewährt sind, gibt.

Hinsichtlich aller anderen Punkte und Abschnitte, die heute hier zur Diskussion stehen, bin ich mit dem Gesetz nicht zufrieden. Ich meine auch, daß die heutige Diskussion in vielen Punkten falsch gelaufen ist.

Kollege Leiner hat zum Beispiel gemeint, daß es rund 300 000 Alkoholabhängige, 500 000 Alkoholgefährdete, 100 000 Medikamentenabhängige und konstant zwischen 12 000 und 18 000 Drogenabhängige in diesem Lande gibt und daß daher alles dafür spricht, in diesem neuen Suchtmittelgesetz jene Liberalisierungsmaßnahmen Platz greifen zu lassen, die darin festgeschrieben sind. – Ich möchte ihm aus meiner Sicht entgegenhalten: Vielleicht ist die Situation gerade deswegen so, weil es im Suchtmittelbereich keine Liberalisierung gab, im Medikamentenbereich durch die Rezeptpflicht eine gewisse Restriktion bestand und im Alkoholbereich aufgrund der gesellschaftlichen Toleranz gegenüber diesem Suchtmittel überhaupt nur die Kaufkraft des Konsumenten den Zugang zum Markt geregelt hat. Ich möchte darauf hinweisen, daß die unterschiedlichen Zahlen daher durchaus auch aus dem Status quo, nämlich dem abgestuften System der Beschränkung zu verstehen sind und nicht dahin gehend, daß ein entsprechend unterschiedlicher Bedarf nach Abtötung von Defiziten im psychischen Bereich und im sozialen Bereich durch Drogen besteht.


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