Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 97

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Herr Kollege Leiner! Das ist der zentrale Punkt, die Haftungsfrage. Sie haben versucht, das etwas abzuschwächen. Tatsache ist, daß durch diese Technologie eine Unzahl von Unwägbarkeiten auftreten wird und es keine Risikoabschätzung von Allergiegefahr, Resistenzen et cetera gibt. Durch horizontalen Gentransfer können Konstruktionen entstehen, mit denen wir wirklich im Moment noch nicht rechnen können, und Folgewirkungen auftreten, die wir nicht voraussehen können. Die Frage der Rückholbarkeit ist in der Diskussion vor diesen beiden Volksbegehren nicht einmal andiskutiert worden. Auch die Frage der Langzeitfolgen ist absolut undurchsichtig und undurchschaubar. Es gibt eine Unzahl ungeklärter Fragen, aber trotzdem keine klare Haftungsregelung.

Ich hoffe ja, daß wir sie nicht brauchen werden, weil die Gentechnik in Österreich nicht in der Form Einzug halten wird, wie Sie es vielleicht hoffen oder glauben. Trotzdem sollte man für den Eventualfall vorsorgen und sich mit der Haftung entsprechend auseinandersetzen. Dieses Gentechnikgesetz gehört vor allem in diesem Punkt schnellstens reformiert, und deshalb werden wir dieser Fristsetzung auch zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

15.17

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Kollege Leiner! Glauben Sie nicht auch, wenn Sie schon hier alle unsere Forderungen ablehnen, daß auch die Opposition ein Recht hat, Anträge einzubringen, die dann auch behandelt werden und nicht über ein Jahr in der Schublade liegen sollten? (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Leiner: Die sollten aber sinnvoll sein!) Die sind sinnvoll! Ich werde es Ihnen erklären.

Nun zu den Ausführungen von Frau Kollegin Dr. Pittermann – sie ist leider nicht da. Wir wollen heute sicher keine Ängste schüren, wir befassen uns mit unausweichlichen Forderungen, deren Realisierung schon lange ansteht. Das Volksbegehren hat es bewiesen.

Das Gentechnik-Volksbegehren ist geschlagen. 1,2 Millionen Bürger und Bürgerinnen haben unterschrieben. Herr Kollege Leiner! Das ist wahrlich ein stolzer Erfolg, der unsere verantwortlichen Politiker bereits jetzt in höchstem Maße erfreut, wie in den Printmedien nachzulesen ist. Laut Aussage unseres Bundeskanzlers ist nun Handlungsbedarf angesagt. Ja wo denn, wenn nicht hier?! Wo soll denn gehandelt werden, wenn nicht im Parlament, Herr Kollege Leiner? (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner. ) Über diese Punkte können wir im Ausschuß diskutieren. Selbstverständlich sollen Sie auch zu Wort kommen, aber wir wollen auch unsere Argumentation dort darlegen können. Wir müssen zunächst die Möglichkeit dazu haben.

Meine Damen und Herren! Ich frage mich ernsthaft, warum erst ein Volksbegehren gestartet werden muß. Denn um den schwierigen Bereich der Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft und der Medizin zu regeln, wurde bereits 1995 das Gentechnikgesetz im Hohen Haus beschlossen. Im Vorfeld – und jetzt passen Sie gut auf, Herr Kollege Leiner – dieses Beschlusses befaßte sich eine Enquete-Kommission mit dieser Frage und stellte die Technikfolgenabschätzung am Beispiel der Gentechnologie als besonders heiklen Punkt dar. Mein Kollege Barmüller hat es schon ausgeführt und auf seinen Antrag verwiesen, der seit 22. Mai 1996, also seit fast einem Jahr, im Hohen Haus liegt und dem Justizausschuß zugewiesen ist. Ich kann auf einen Antrag, der am 23. Mai 1996 eingebracht wurde und seit dieser Zeit, Herr Kollege Leiner, im Gesundheitsausschuß dahinvegetiert, verweisen.

Es ehrt auch Frau Bundesministerin Prammer, daß sie in der kurzen Zeit ihrer Ministertätigkeit erkannt hat, daß Kennzeichnungspflicht Vorrang hat. Die Versäumnisse in der Vergangenheit rechtfertigen aber diese Erkenntnisse keineswegs, denn aus dem Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission aus 1994 geht hervor, und das wurde zudem bei der Beschlußfassung des Gentechnikgesetzes von allen Parlamentsfraktionen gefordert – ich darf noch einmal auf den Wortlaut verweisen –: "Die Möglichkeit des Verbrauchers, sich beim Kauf bewußt für oder gegen ein Produkt, das mit Hilfe gentechnischer Mittel oder Verfahren hergestellt oder verändert


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite