Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 106

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Meine Damen und Herren! Daß Österreich seine sicherheitspolitische Konzeption umstellen muß, liegt auf der Hand. Denn eines ist klar: Die Neutralität hat ihre Funktion verloren, und die Zukunft kann nicht mehr eine eigenständig formulierte Neutralität, eine eigenständig formulierte Sicherheitspolitik sein, sondern die Zukunft kann nur in einer vollen Integration Österreichs im Rahmen eines europäischen Sicherheitssystems, einer europäischen Sicherheitsarchitektur liegen. Aus meiner Sicht liegt diese europäische Sicherheitsarchitektur klar auf dem Tisch.

Herr Kollege Khol! Wenn Sie hier herkommen und sagen: Wir wissen nicht, wie das aussieht!, dann sagen Sie das wirklich wider besseres Wissen. Denn Sie wissen genauso wie wir, welche Rolle ... (Abg. Dr. Khol: Wissen Sie den Auftrag der WEU?) Herr Kollege Khol! Sie wissen genauso wie wir, welche Rolle in Zukunft die OSZE haben wird. Sie wissen ganz genau, welche Rolle, welche Aufgaben die NATO als transatlantisches Bündnis hat. (Abg. Dr. Khol: Nein, wissen wir auch nicht!) Ich bitte Sie, die Beschlüsse von Berlin zu lesen (Abg. Dr. Khol: Das ist ein Programm und kein Beschluß! Der Beschluß soll heuer in Madrid gemacht werden!) , in denen ganz eindeutig und klar eine Europäisierung der NATO beschlossen wurde und in denen ganz klar festgelegt ist, in welche Richtung die NATO geht. (Abg. Dr. Khol: Das ist ein Programm und kein Beschluß!) Herr Kollege Khol, jawohl! (Abg. Schieder: Das ist noch nicht verbindlich geworden! Das ist eine Absichtsresolution! Das ist nicht Vertragsteil geworden!) Herr Kollege Schieder! Sie wissen, daß, wenn es eine derartige Absichtserklärung gibt, auf Grundlage dieser Absichtserklärung alle weiterführenden Beurteilungen, alle weiterführenden Planungen dieses Sicherheitsbündnisses gemacht werden und daß die endgültige, die definitive Entscheidung beim NATO-Gipfel in Madrid fallen wird. Meine Damen und Herren! Das ist ein Faktum.

Herr Kollege Khol! Ich halte es auch vom Ablauf her ... (Abg. Schieder: Sie lernen im Generalstabskurs, daß erst die Beschlüsse kommen müssen!) Sie können noch so viel dazwischenreden ... (Abg. Dr. Khol: Das ist enttäuschend für einen Generalstabsoffizier! Das ist nicht WEU-reif!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist Abgeordneter Moser.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (fortsetzend) : Es ist nicht sinnvoll, zuzuwarten, bis die WEU, bis die NATO eine Entscheidung getroffen hat. Ich glaube, es wäre der richtige Weg im Interesse der Sicherheit dieses Landes, daß wir unsere sicherheitspolitischen Interessen einbringen. Aber diese können wir nur dann einbringen, wenn wir Mitglied dieser Sicherheitsgemeinschaften sind, und das ist nun einmal die Westeuropäische Union oder die NATO, Herr Kollege Khol! Sie wissen genau, daß wir die Möglichkeit hätten, seit dem Zeitpunkt der Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union auch Mitglied der Westeuropäischen Union zu werden. Sie wissen ganz genau, daß die eigentlichen sicherheitspolitischen Entscheidungen in Europa im Rahmen der NATO fallen, daß die NATO eine transatlantische Sicherheitskooperation zwischen Europa und dem nordamerikanischen Kontinent ist. Sie wissen genau, daß eine Sicherheit in Europa ohne Einbindung der Vereinigten Staaten, ohne Sicherheitskooperation mit Rußland nicht möglich ist. Genau das ist die NATO, und all das ist ein Faktum. Die NATO ist nun einmal der Kernbereich der europäischen Sicherheitsarchitektur, und daher glaube ich, wir sollten auch eine klare Position diesbezüglich einnehmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist daher nicht zweckmäßig und nicht sinnvoll, zuzuwarten, bis wir eingeladen werden. Wir müssen nicht eingeladen werden, aber es ist zu erwarten, daß beim NATO-Gipfel in Madrid auch eine Einladung ... (Abg. Dr. Khol: Stimmt ja nicht!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Hans Helmut Moser (fortsetzend ): Dann müssen wir auch klar wissen, wie die Perspektiven, wie unsere sicherheitspolitische Zukunft ausschaut. Dazu brauchen wir eine umfassende Diskussion in diesem Lande. Wir sollten diese Diskussion ...

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt ist aber die Redezeit beendet, Herr Kollege. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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