Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 107

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Letzte Rednerin zu dieser Debatte ist Frau Abgeordnete Kammerlander.

16.00

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Man sieht ja, wie spannend solche Debatten sind, denn Herr Abgeordneter Khol kann gar nicht aufhören zu diskutieren, aber eigentlich hat er damit nie angefangen. Wenn Sie irgendwann einmal angefangen hätten, dann hätten Sie diverse Anträge, die im Außenpolitischen Ausschuß liegen, behandelt und diskutiert, so wie es sich eigentlich für einen parlamentarischen Rahmen gehört, aber nicht in 5 Minuten während einer Fristsetzungsdebatte. Genau das ist das Dilemma! Wie Sie wissen, teile ich überhaupt nicht die Meinung der Antragsteller und die grüne Fraktion auch nicht. Wir halten es für außerordentlich kurzsichtig, zu glauben, daß man auf die Herausforderungen in Europa nur mit einem militärischen Bündnis antworten kann.

Ich glaube, es ist völlig verfehlt und falsch, zu glauben, die Transformationsprozesse in den verschiedenen osteuropäischen Ländern mit dieser Diskussion und Debatte, ob wir jetzt der NATO beitreten und wann die anderen der NATO beitreten, unterstützen zu können. Ich glaube, es ist kurzsichtig oder auch falsch, hier Gefahren an die Wand zu malen, von denen ich übrigens noch immer nicht genau weiß, welche es denn eigentlich sind, die Sie dazu veranlassen, zu glauben, wir müssen einem Militärbündnis beitreten. Aber diese Debatte und diese Diskussion können wir nie führen, außer immer nur in solchen kurzen Fristsetzungsdebatten.

Zur SPÖ sei gesagt, daß ihr Kurs ja äußerst zweifelhaft ist. Erst vor kurzem hat Klubobmann Kostelka anläßlich des Parteitages – da hat er offensichtlich die eigene Klientel etwas beruhigen müssen – verlauten lassen, daß die Entscheidung über den NATO-Beitritt nicht jetzt fallen wird, sondern erst nach der nächsten Nationalratswahl. – Aus welcher Intuition oder aus welcher Veranlassung heraus Sie das gesagt haben, ist mir aber nicht klar, weil Sie sich damit ja nichts ersparen! In einem gebe ich ja allen Debattenrednern recht: Die Entscheidungen auf europäischer Ebene oder einiges an Entscheidungen, nämlich Vorentscheidungen, auf europäischer Ebene fallen in diesem Jahr!

Was Sie damit bezwecken wollten, ist unklar. Offensichtlich haben Sie geglaubt, damit ein weiteres Spektrum in Ihrer eigenen Parteienlandschaft beruhigen zu können. Da gibt es in Ihrer Partei jene, die sagen, wir sollten der NATO beitreten, da gibt es jene, die sagen, wir sollten neutral bleiben, und es gibt jene, die davon träumen, daß die Beistandspflicht im NATO-Vertrag einmal wegfallen wird und daß wir dann als neutraler Staat der NATO beitreten könnten. Und da gibt es Sie, Herr Klubobmann Kostelka, der überhaupt sagt, diese Frage steht nicht zur Diskussion, und wenn, erst nach der nächsten Wahl.

Zur ÖVP: Herr Klubobmann Khol! Wenn man Ihnen zuhört, könnte man glauben, Sie haben ein Päckchen Kreide gegessen, bevor Sie an das Rednerpult gegangen sind. Wie können Sie denn sonst hier argumentieren und sagen, wir müssen erst abwarten und erst beobachten, was entsteht, wenn Sie doch wissen, daß Ihre eigenen Regierungsmitglieder bei jeder Gelegenheit für einen NATO-Beitritt eintreten und hier ganz klar sagen, was sie wollen. Darum frage ich mich, wer hier noch abwarten soll. Sie haben in Ihrer Fraktion ganz offensichtlich diese Meinung gefaßt, sonst würden Sie ja auch irgendwann einmal den eigenen Regierungsmitgliedern widersprechen.

Wenn Sie sagen, wir sollten erst abwarten, was die anderen machen, dann muß ich Ihnen sagen, genau das zeichnet Ihre konservative Außenpolitik aus, daß Sie nämlich immer darauf warten, was die anderen machen, um dann hinterherzulaufen und genau das zu tun, was die anderen Ihnen gesagt haben, was Sie tun sollen.

Ich denke, es ist dringend notwendig, darüber zu diskutieren, wie die Bedingungen für eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in Europa ausschauen und welche Optionen wir haben. Nach unserer Meinung ist es dringend notwendig, über den neutralen Status Österreichs zu diskutieren, der sehr wohl nach wie vor eine eminente Rolle in Europa spielt. Da bin ich überhaupt nicht der Meinung der Antragsteller. Das zeigt auch die Haltung Finnlands und Schwedens, die sich das genau überlegen und diese Option offenhalten. Auch in politischen


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