Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 160

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Kollege Murauer! Welche Ungereimtheiten sollen denn noch auftreten? Welche Ungereimtheiten in diesen Fällen sollen denn noch auftreten, daß Sie veranlaßt werden, diesem Untersuchungsausschuß zuzustimmen? (Zwischenruf des Abg. Murauer .) Welche Ungereimtheiten brauchen Sie denn noch, wenn Straftäter nicht nur freigelassen werden, sondern sogar noch Geleitschutz bekommen, damit sie sich ins Ausland in Sicherheit bringen können, und wenige Tage danach erst die Haftbefehle eingeleitet werden? Welche Ungereimtheiten, meinen Sie denn, sollten noch auftreten, wie etwa bei diesem Arrangement mit der Gruppe Abu Nidal, die auch jetzt in Diskussion gebracht wird? – Damals hat es angeblich eine Absprache zwischen den Sicherheitsbehörden und dieser Terrororganisation gegeben, daß man signalisiert hat: Bitte, macht in Österreich keine Aktionen, dafür werden wir eure Stützpunkte nicht nur zulassen, sondern vielleicht auch unterstützen und organisieren und die Straftäter im Nittel-Mord frühzeitig entlassen!, was ja auch passiert ist.

Kollege Murauer! Gibt es noch mehr Ungereimtheiten, auf die Sie warten? Gibt es vielleicht noch Ungereimtheiten bei der Frage Noricum, Lucona? Da hat es ja auch Todesfälle gegeben, Kollege Murauer: Lütgendorf, Amry. Sind das nicht genug Ungereimtheiten, die jetzt gerade durch dieses Gerichtserkenntnis auch aus einer neuen Perspektive zu sehen sind?

Meine Damen und Herren! Hier wird von Seriosität gesprochen, aber auch gesagt: Wir wollen ja aufklären, aber warten wir doch erst die Entscheidung der Gerichte ab. Gleichzeitig hören wir dann aber, daß es eine derartige Entscheidung nie geben wird, weil es sie nicht geben kann, weil es gar keine Ermittlungen mehr gibt, weil es kein Verfahren mehr gibt, weil diese Beschuldigten im sicheren Hafen ihres Heimatstaates bleiben werden und wohl sicherlich nicht ausgeliefert werden, und daß Österreich, so wie mir scheint, überhaupt kein Interesse daran hat, daß es ein derartiges Verfahren gibt.

Kollege Murauer! Welche Ungereimtheiten erwarten Sie sich denn noch? Welches Gerichtsverfahren wollen Sie denn abwarten, um einem derartigen Untersuchungsausschuß zuzustimmen? Was bleibt denn übrig, meine Damen und Herren von der Regierung? – Es ist doch immer wieder das gleiche: Wenn es darum geht – nicht nur um strafrechtliche Belange –, bei derartigen Ungereimtheiten die politische Verantwortung, die politischen Hintergründe von derartigen Dingen zu ergründen, dann machen Sie den Verantwortlichen die Mauer! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht nicht darum, daß sich das Parlament strafgerichtliche Kompetenz anmaßt, sondern es geht darum, daß wir eigentlich ein Kontrollorgan der Bundesregierung sein sollten, um ebendiese Ungereimtheiten, Kollege Murauer, aufzuklären. Denn was bleibt denn sonst übrig? – Die Zeitungen schreiben schon darüber.

Im morgigen "Kurier" heißt es: Die Polizei half den Kurdenmördern. – Das bleibt stehen als Überschrift: Die österreichische Polizei half den Kurdenmördern. Die "Salzburger Nachrichten" schreiben: "Die Ablehnung des Untersuchungsausschusses kommt wohl aus gutem Grund." – Dann wird allerhand nicht nur vermutet, sondern durchaus auch festgehalten, nämlich daß eben die SPÖ und die Volkspartei für diese Dinge die Verantwortung zu tragen hätten und sie natürlich kein Interesse daran haben, daß man ihnen durch einen solchen Untersuchungsausschuß auf die Schliche kommt, daß vielleicht noch anderes zutage kommen könnte, etwa über die Noricum- und die Lucona-Affäre, wie es auch der ehemalige Staatspräsident Bani Sadr in einem "Kurier"-Interview morgen festhält. Lesen Sie einmal nach, was hier steht! – All das sind Dinge, die auch dem Ansehen Österreichs zutiefst schaden und auch das Vertrauen der Österreicher in die Politik dieses Staates und in den Rechtsstaat erschüttern werden.

Bani Sadr sagt, daß die Behauptung der Regierung, daß es keine Beeinflussung und keinen Druck auf Österreich gegeben hat, völlig absurd ist. Er sagt: Die österreichischen Behörden ließen die Killer trotz erdrückender Beweislast laufen. Die Österreicher wurden vom Iran nicht nur mit der Drohung unter Druck gesetzt, man werde die Noricum-Affäre enthüllen, auch sonst sind die Österreicher mit Wissen der Behörde Schaltstelle für illegale europäische Waffenexporte in den Iran.


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