Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 45

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Sie fassen aber auf Ihren Parteitagen Beschlüsse, um die Bevölkerung zu beruhigen, indem Sie sagen: Wir sind ohnehin noch immer für die Neutralität, und ein Beitritt zu einem Militärpakt wird noch lange nicht in Frage kommen! – Aber gleichzeitig beschließen Sie hier ein Gesetz, das die Neutralität einfach abschafft, das wortwörtlich eine Eventualität für den Beitritt zur NATO schafft, und – auch das ist hier schon gesagt worden – Sie schalten damit auf elegante Art und Weise die Mitwirkung des Parlaments aus. (Abg. Jung: Elegant ist sie nicht!) Elegant ist es deswegen, weil es auf den ersten Blick noch den Eindruck erweckt, als gäbe es eine Mitwirkung des Parlaments, wenn der Hauptausschuß die Einsätze zur Friedenssicherung beschließt. Aber in der Folge tut er nichts mehr. Was die Übungsmaßnahmen im Bereich der Landesverteidigung betrifft, gibt es nur mehr einen Bericht, und es gibt – etwas, was hier auch schon des öfteren gesagt wurde – eine sehr eigentümliche Formulierung der Dringlichkeit.

Die Definition meines Vorredners ist wirklich an den Haaren herbeigezogen, denn für diesen Fall – seien es österreichische Soldaten, Polizisten, Gendarmen, Beamte bei einem Auslandseinsatz, die zur Rettung unterwegs sind, oder wer auch immer – hätten wir kein neues Entsendegesetz gebraucht, dafür hätte das alte Entsendegesetz immer noch gereicht. Diese Argumentation ist nicht nur an den Haaren herbeigezogen, sondern sie stimmt schlichtweg nicht. Alle gesetzlichen Bestimmungen, die wir bis jetzt und heute hatten, hätten ausgereicht.

Lassen Sie mich zum Schluß noch einmal auf den aktuellen Anlaß zu sprechen kommen. Die Koalitionsparteien haben ein besonderes Kunststück zusammengebracht, nämlich aus einem Gesetz, das sie schon länger in Bearbeitung haben und das wir im Jänner im Ausschuß beraten haben, als von einem Albanien-Einsatz noch lange keine Rede war, eine Anlaßgesetzgebung zu machen. Sie haben dieses ganz spezielle Kunststück zusammengebracht.

Eines sage ich Ihnen: Eine Anlaßgesetzgebung ist nie eine gute Gesetzgebung. Das ist immer und jedenfalls eine Husch-Pfusch-Aktion, und das ist immer und jedenfalls eine äußerst fragwürdige Aktion.

Es ist – nur nebenbei bemerkt – für mich auch unerklärlich, wenn Sie es mit Ihrer Mehrheit geschafft haben, den Einsatz in Bosnien nach dem alten Entsendegesetz zu beschließen – was meiner Meinung nach weitaus fragwürdiger war und ist –, warum Sie nun ausgerechnet für den Einsatz in Albanien glauben, ein neues Gesetz beschließen zu müssen. Das ist verwunderlich!

Sie haben also dieses Kunststück zustande gebracht und werden das so durchziehen; das ist auch schon ausgeführt worden. Es ist interessant, wie schnell die Druckmaschinen bei der Staatsdruckerei anspringen können, wenn Sie es wollen.

Die Frage ist nur, was Sie damit erreichen werden und was Sie damit bezwecken wollen. Denn die Grundlage – das habe ich schon ausgeführt, aber ich darf es Ihnen noch einmal sagen –, die dieses Gesetz für den Einsatz in Albanien gibt, ist äußerst dürftig. Wenn Sie diese aber damit schaffen wollen, dann müßten Sie diesen Einsatz ganz anders begründen. Sie müßten ihn ausschließlich auf politischer Ebene begründen. Sie müßten die politische Situation in Albanien betrachten. Sie müßten fragen, was das politische Ziel eines solchen Einsatzes sein könnte. Das könnten zum Beispiel Neuwahlen im Juni sein, die auch von der OSZE angepeilt werden. Dann stellt sich die Frage, was notwendig ist, um solche Neuwahlen zu garantieren.

Ganz sicher ist es notwendig, daß mit allen Streitparteien, mit allen Gruppen und Gruppierungen und nicht nur mit der regierenden Partei das Gespräch gesucht wird, damit kein Druck erzeugt wird.

Eines ist schon interessant: Diese Regierung beziehungsweise diese Mehrheit ist ja nur gegeben, weil es gelungen ist, einen kritischen Bericht der OSZE über die Wahlen in Albanien zu mildern, zu deeskalieren, weil es auf Druck der konservativen Parteien in Europa, etwa der CDU, aber auch der ÖVP unter Außenminister Schüssel, gelungen ist, die kritischen Passagen aus dem Bericht herauszunehmen und die Wahlen anzuerkennen. Wenn einer meiner Vorredner von den "Räubern in Albanien" sprach oder heute im "Morgenjournal" von den Altkommunisten die Rede war und damit irgendwelche Gruppierungen gemeint waren, dann scheint


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