Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 46

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man zu übersehen, daß eben diese Menschen auch in der Regierung Albaniens sitzen und am Pyramidenspiel saftig verdient haben.

Die Frage lautet also, wenn ich das alles betrachte: Welche Maßnahmen sind notwendig? Ich habe heftige Zweifel daran, daß militärische Maßnahmen notwendig sind. Ich habe heftige Zweifel daran, wenn ich mir die Berichte aus Albanien anhöre, daß es um die Lebensmittelversorgung geht. Ich glaube, daß andere Maßnahmen gefragt wären, über die wir in Ruhe reden könnten. Diesbezüglich wären wir durchaus offen. Wir haben die Mission der OSZE in Albanien begrüßt, aber das, was jetzt stattfindet, ist zu Recht von der Tageszeitung "Die Presse" als "Kanonenbootpolitik" bezeichnet worden, weil einzelne Staaten glauben, das Heft in die Hand nehmen und eine Aktion durchführen zu müssen.

Sie geben sich dafür her! Nicht nur, daß Sie sich für diesen Einsatz nächste Woche hergeben werden, Sie geben sich auch dafür her, ein diesbezügliches Gesetz im Schnellverfahren durchzuziehen, und glauben, damit einen legalen Boden dafür geschaffen zu haben. Das, was Sie hier tun, ist für mich nicht nur äußerst fragwürdig, sondern steht auch nicht auf dem Boden des Rechtsstaates, den Sie immer glauben, verteidigen zu können.

Gestern ist Ihr Klubobmann ans Rednerpult gekommen und hat sich unheimlich über ein Päckchen Nasentropfen, das da heraußen stand, aufgeregt und hat gemeint, der Rechtsstaat sei in Gefahr, weil hier ein Päckchen Nasentropfen stehe. Das ist wirklich eine Banalität (Abg. Donabauer: Lesen Sie das Protokoll!) im Vergleich dazu, daß Sie heute ein Verfassungsgesetz beschließen, das eine andere Bestimmung der Verfassung außer Kraft setzen wird. Das ist Ihr Verständnis vom Rechtsstaat! Aber wir haben ja schon gestern in der Debatte über die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen bemerkt, welche Auffassung vom Rechtsstaat Sie haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Löschnak. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Bundesminister Dr. Fasslabend wendet sich an Präsident Dr. Neisser und spricht mit ihm.)

Herr Bundesminister, ich erteile Ihnen das Wort. Aber ich bitte, das in Zukunft genau zu registrieren. Verzeihen Sie, das ist kein Vorwurf an Sie. – Bitte, Herr Minister.

11.33

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Präsident! Hohes Haus! Das neue Entsende- und Solidaritätsgesetz ist eine der grundlegenden legislativen Antworten auf eine grundlegende Veränderung der strategischen Situation in Europa. Es gibt einen Übergang von einer Situation mit hohem Risiko und hoher Stabilität zu einer Situation mit niedrigerem Risiko, aber auch wesentlich geringerer Stabilität. Das neue Gesetz soll uns helfen, einen solidarischen Beitrag zu leisten, es soll uns ermöglichen, auch aus österreichischer Sicht einen Beitrag zur wichtigsten sicherheitspolitischen Zielsetzung dieses Kontinents und damit auch Österreichs zu leisten.

Die Zielsetzungen auf strategischer Ebene haben sich in der Form geändert, daß nicht mehr die Abschreckung und die Abwehr eines bewaffneten Großkrieges im Vordergrund stehen, sondern daß es insbesondere darum geht, den Ausbruch von Kriegen und von kriegsähnlichen Krisen auf dem Kontinent möglichst frühzeitig zu verhindern, um ein Ausbreiten erst gar nicht zu ermöglichen und damit eine Phase des Friedens und der Stabilität für unseren Kontinent einzuleiten und zu sichern.

Zweifellos hat gerade die Entsendung von internationalen Truppen dabei einen besonders hohen Stellenwert. Wir alle haben das ja nicht zuletzt im Jugoslawienkonflikt ganz eindringlich erfahren müssen. Wir haben registrieren müssen, daß die Staatengemeinschaft viel zu spät reagiert hat und daß durch diese späte Reaktion eine Situation entstanden ist, in der Hunderttausende Menschen getötet oder vergewaltigt worden sind, in der Hunderttausende, ja Millionen Menschen vertrieben worden sind und unermeßliches Kulturgut auf Dauer zerstört wurde. Gleichzeitig wurde damit auch eine Situation geschaffen, die zweifelsohne dazu beitragen wird,


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