Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 62

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte, Sie haben das Wort. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

12.43

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß Kollege Donabauer keine Ahnung von der Materie hat, ist alleine dadurch bewiesen, daß er hier Beträge nennt, die völlig unrealistisch sind, nämlich 9 Millionen Schilling an Kosten für den Albanien-Einsatz. (Abg. Jung: 100 Millionen!) Bitte, noch einmal: Der Herr Generaltruppeninspektor hat von 100 Millionen gesprochen. Ich weiß nicht, ob Sie sich die Differenz vorstellen können zwischen 9 Millionen und 100 Millionen. Die Regierung redet von 40 Millionen. Keiner weiß, was das kosten soll, meine Damen und Herren – obgleich gerade die ÖVP von den Oppositionsparteien verlangt, daß bei jedem Abänderungsantrag, bei jedem Zusatzantrag und bei jedem Entschließungsantrag in Zukunft die Kosten angegeben werden sollen, die das Gesetz oder der Antrag letztendlich kosten soll.

Das paßt alles zum Konsultationsmechanismus. Aber die Regierung kann selber nicht sagen, was ihre eigenen Gesetze kosten, insbesondere die Auslandseinsätze.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das Problem, daß sich die Regierung hier im Alleingang die Ermächtigung verschafft, Auslandseinsätze zu beschließen, und zwar am Parlament vorbei, wurde bereits erläutert. Mir, meine Damen und Herren, ist unwohl dabei, wenn ein – aktuelle Regierungssituation – Bundesheergegner, ein Wehrdienstverweigerer und ein Untauglicher darüber entscheiden müssen, in welchem Land wir welche Soldaten einsetzen, meine Damen und Herren. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist die Situation, wie sie sich derzeit darstellt. Und daß man das hier am Hohen Haus vorbei, am Parlament, an der Volksvertretung vorbei beschließt, das ist einer der wesentlichen Gründe – aber nicht der einzige, Gründe wurden schon hinreichend dargelegt –, warum wir dieses Gesetz ablehnen. Weitere Gründe wären: keine Kostenaufgliederung, keine klare Strukturierung, Neutralitätsabschaffung auf schleichendem Weg, auf verstohlenem Weg, auf verschämtem Weg, und letztlich NATO-Beitritt, ohne daß man den NATO-Beitritt ausdrücklich will.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie uns vorwerfen – und ich glaube, Herr Klubobmann Khol hat das durch Zwischenrufe beim ersten Redner getan –, wir hätten keine klare Haltung dazu, und sagen, die ÖVP hat die einzig klare Haltung, dann sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Sie schicken Ihre Politpensionisten vor, wenn es um den NATO-Beitritt geht. Ich lese heute mit großem Erstaunen, daß der ehemalige ÖVP-Obmann, der "Eiserne Hermann", Hermann Withalm, anläßlich eines Interviews zu seinem 85. Geburtstag der ÖVP ganz klar ins Stammbuch schreibt: Am NATO-Beitritt führt kein Weg vorbei. NATO-Beitritt ist die Zukunft.

Was aber tut die Österreichische Volkspartei? – Sie sagt, wir können uns keinen NATO-Beitritt leisten, weil unser Koalitionspartner nicht mitgeht und wir der Öffentlichkeit gegenüber nicht zugeben wollen, daß die Neutralität abgeschafft werden soll. Politpensionisten müssen das denken und laut sagen, was die ÖVP mangels Courage und mangels Durchsetzungskraft in der Bundesregierung gar nicht denken und sagen darf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher: Werfen Sie nicht uns vor, wir hätten keine klare Haltung. Bei Ihnen haben nur Ihre Politpensionisten eine klare Haltung. Sie als Mandatare haben leider nicht die Courage und sind nicht Manns genug, eine klare Haltung zur NATO-Frage einzunehmen. – Ein weiterer Punkt, weshalb wir sagen, daß dieser Einsatz abzulehnen ist.

Und letztlich wiederhole ich noch etwas, was ich schon einmal öffentlich gesagt habe: Ich bin gespannt, wer dann die Verantwortung trägt, wenn es zu Konsequenzen in Albanien kommt – und die sind absehbar. Unsere Soldaten nach Albanien zu schicken, bei der historischen Vorbelastung, die da gegeben ist, unter italienischem Kommando, wissend – die meisten in der ÖVP werden es vielleicht gar nicht wissen –, daß die Italiener im April 1939 den Balkankrieg in Albanien begonnen haben, indem dieses Land von einem faschistischen Staat überfallen und besetzt wurde, zu einer Zeit, als noch von diesem faschistischem Regime in Österreich Soldaten angeworben wurden, nämlich einige Jahre vorher, weil man sich ja damals eines Geistes und


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