Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 96

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Herr Bundeskanzler! Sie waren vorher Finanzminister, kennen also die Berichte über die Armut in Österreich und die verfehlte Wirtschaftspolitik in der verstaatlichten Industrie sehr genau. Sie wissen um die Nöte der Sozialversicherungen und Gebietskrankenkassen. – Trotzdem verkünden Sie in der Öffentlichkeit: Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich! (Bundeskanzler Mag. Klima: Nein! – Abg. Mag. Stadler: Das haben Sie gesagt! Die Gewerkschaft ist Ihnen böse!) Das heißt, daß Sie sich mit dieser Maßnahme völlig vom sozialdemokratischen Gedanken verabschiedet haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher richten wir heute diese Dringliche Anfrage an Sie. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist – im Wissen, daß Österreich bezüglich Wirtschaftswachstum heute das Schlußlicht in Europa bildet – einfach zu wenig, nur mit Defensivkonzepten zu agieren. Wir erwarten uns eine klare Strategie und Lösungsansätze für die Fragen im Arbeitnehmerbereich.

Es ist schon als Zynismus zu bezeichnen, wenn Sie heute auf die Anfrage des Dr. Haider antworten, daß auch "wir Politiker sparen". – Das ist wirklich ein Hohn! (Abg. Dr. Haider: Jawohl!) Es wird eine Gehaltspyramide erfunden, nach der der Herr Bundeskanzler schlagartig 1 Million Schilling mehr verdient. Nun verstehe ich auch, daß das Parlament die Pyramidenspiele verboten hat, denn in Wirklichkeit verlaufen diese Pyramidenspiele immer nach dem gleichen Muster: Einige wenige oben verdienen, der Rest unten darf zahlen! Daher lehne ich diese Pyramide mit aller Deutlichkeit ab! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Frau Kollegin Mertel! Sie kommen auch aus jenem Bundesland, das massiv unter dieser Regierungspolitik leidet, weil die Einkommen der Arbeitnehmer in Österreich ständig sinken. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Wo ist Ihr Schreibtisch, Frau Dr. Mertel?)

Ich frage mich in diesem Zusammenhang: Was will denn der Herr Bundeskanzler einer Handelsangestellten mit einem Monatseinkommen von 10 000 S netto, die von sieben Uhr in der Früh bis neun Uhr am Abend arbeitet, noch wegnehmen? (Abg. Mag. Stadler: Herr Bundeskanzler! Wo ist Ihre Partei?) Was will er ihr noch wegnehmen? Was will er einem Fließbandarbeiter, der für ein Bruttogehalt von 80 oder 90 S in der Stunde arbeiten muß, noch wegnehmen? – Darauf möchte ich Antworten haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es freut mich, daß es nunmehr eine klare und deutliche Abgrenzung gibt. (Abg. Mag. Stadler: Schauen Sie sich das an! Was ist denn das für eine Arbeitnehmerpartei?) Von der SPÖ als Arbeitnehmerbewegung haben Sie sich mit diesem Verhalten und dem Motto "Weniger Arbeit – weniger Lohn" verabschiedet. (Abg. Mag. Stadler: Frau Mertel! Wo ist Ihre Partei?) Unter diesem Synonym steht für mich die SPÖ ab sofort.

Demgegenüber steht das Motto der Freiheitlichen Partei, der neuen Arbeitnehmerpartei, jetzt und in der Zukunft, nämlich "Steuern senken – Arbeit schaffen". (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich empfehle Ihnen dringend die Lektüre "Bündnis für Arbeit" oder den "Vertrag mit Österreichs Lehrlingen". Darin stehen jene Dinge, die umgesetzt gehören. Wie ist es denn zu dieser Situation gekommen? Warum müssen heute die Arbeitnehmer Belastungspakete schlucken? Wie ist die Entstehungsgeschichte?

Es hat in der Vergangenheit in einzelnen Bereichen eine übertriebene Geschenkpolitik gegeben – etwa bei der verstaatlichten Industrie, wo erst viel zu spät gehandelt wurde. Es gibt noch immer Privilegien in der E-Wirtschaft und in den Chefetagen der verstaatlichten Banken. Das alles passiert mit Duldung der Regierung, teilweise sogar mit deren Förderung. Und die ÖVP hat letztlich nur eines, und zwar mit großem Interesse, im Sinn, nämlich ein weiteres Mitglied im Vorstand der Bundesbahnen zu bekommen. (Abg. Mag. Stadler: So ist es!) Das sind die Bemühungen, die politische Mandatare dieser Republik, die in der Regierung sitzen, tätigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Folge davon ist, daß die Rahmenbedingungen für die heimische Privatwirtschaft nicht mehr stimmen. Wir erkennen das an der Schließung und Abwanderung von Betrieben und dem damit verbundenen Verlust von Arbeitsplätzen. Herr Bundeskanzler Klima! Sie waren für die soziali


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