Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 97

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stischen Funktionäre eine Art "Hoffnungsträger". Es gab ein erlöstes Aufatmen, als Altkanzler Vranitzky gegangen ist. (Abg. Mag. Stadler: Nach Albanien!) Dann sind Sie gekommen. Aber Sie haben sich innerhalb kürzester Zeit zum Demontage-Kanzler entwickelt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie demontieren die Rechte und die Einkommen der österreichischen Arbeitnehmer. Und statt Lösungen gibt es wieder neue Belastungen. Statt Zusammenarbeit – auch mit den Freiheitlichen – gibt es weiterhin Ausgrenzung. Es war die einzige deutliche Aussage von Ihnen: Mit denen nicht! (Abg. Gradwohl: Mit Ihnen sollen wir zusammenarbeiten?) Sie werden das solange tun, bis Sie eine Absage vom Wähler erhalten. Und ein ähnliches Spiel treibt auch der Österreichische Gewerkschaftsbund. (Abg. Dr. Mertel: Vier Buchstaben!) Sollen wir Ihnen das Ergebnis von Klagenfurt buchstabieren, von Metelko? (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als wir den ÖGB-Vertretern gegenübergesessen sind, habe ich gedacht, der alte Ostblock ist wiederauferstanden. Dieses Gefühl beschleicht einen, wenn man mit denen über die Zukunft und über die Probleme der Arbeitnehmer diskutiert. Man glaubt, man sitzt einer Organisation des ehemaligen Ostblocks gegenüber.

Die Verantwortlichen in der Gewerkschaft verlieren beinahe stündlich an Bedeutung! Ihre Freunde in Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark zum Beispiel haben einen Organisationsgrad von 80 Prozent und höher, Sie hatten einst 70 Prozent, jetzt haben Sie nur mehr 45 Prozent! (Zwischenruf des Abg. Nürnberger. ) Ich entnehme das Ihren eigenen Blättern, nicht den meinen. Es sind Ihre Unterlagen, die mir zur Verfügung stehen: Sie haben noch 45 Prozent an Zustimmung. Gleichzeitig tun Sie aber noch immer so, als würde das Ganze an Ihnen irgendwie vorübergehen.

Präsident Verzetnitsch spricht bei jeder Gelegenheit mit anderer Zunge. (Abg. Sophie Bauer: So wie Sie!) Als Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbundes hat er sich bei einer Tagung im Mai 1995 vehement für die Senkung der Lohnnebenkosten ausgesprochen. Das ist wirklich hochinteressant: Der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes fordert, wenn er für Europa spricht, das Senken der Lohnnebenkosten, wenn er aber in Österreich spricht, nennt er das eine "schlimme", "böse" Forderung der Freiheitlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In einem jüngst erschienenen Artikel meinte Präsident Verzetnitsch, Europa müsse endlich wieder Wirtschaftspolitik machen. – Stimmt! Ich stimme dem zu. Aber warum vergißt er dann auf Österreich? Österreich wird vergessen! Das soll er seinem Herrn Bundeskanzler mitteilen. Der Versuch, Lafontaine zu kopieren, der seinerzeit von der "Kunst des Teilens" gesprochen hat, ist ein bißchen schwach ausgefallen. Das muß ich mit aller Deutlichkeit sagen.

Der ÖGB war es auch, der die Österreicherinnen und Österreicher dazu bewogen hat, ohne Wenn und Aber für die EU und den Maastricht-Vertrag zu stimmen. Jetzt, da Sie merken, daß es "heiß" wird, distanzieren Sie sich davon und sagen, daß Sie bei der Regierungskampagne nicht mitmachen. Das ist eine schwache Sache! Die Diskussion zwischen Präsident Verzetnitsch und Herrn Fischler möchte ich hören, und zwar, welche Nachrichten er diesem zukommen lassen wird.

Der Mitgliederschwund des ÖGB ist darauf zurückzuführen, daß Sie nicht mehr auf die Wünsche Ihrer Kunden, der Arbeitnehmer, eingehen. Alle Belastungen, die die Regierung in den letzten Monaten und Jahren den Österreichern auferlegt hat, haben Sie ohne Wenn und Aber mitgetragen. Die Lohnsteuereinnahmen für den Fiskus waren so hoch wie noch nie. Es ist eine gewaltige Steigerung; das wissen Sie von der sozialdemokratischen Fraktion ganz genau. Wenn wir Freiheitlichen dann bei Verhandlungen mit dem ÖGB eine gemeinsame Initiative vorschlagen, um den Arbeitnehmern ihr Geld, das sie durch die kalte Progression verloren haben, zurückzugeben, sagen Sie: Nein, so schnell geht das nicht, wir brauchen erst einmal eine Reformkommission! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Unglaublich!)

Der Herr Bundeskanzler ist ja dafür bekannt, daß er zwar für alles und jedes eine Kommission und einen Arbeitskreis will, aber möglichst keine Entscheidungen! Ich empfehle ihm die Lektüre des "WirtschaftsBlattes" vom heutigen Tage. Darin kommt der in Pension gegangene General


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