Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 26

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Man muß die Umstände aufklären und fragen: Welches Interesse war gegeben, diese Umstände aufzuklären? Oder gab es gar kein Interesse, Licht in dieses Dunkel zu bringen? Oder – das wäre die allerhöchste Steigerungsstufe – gab es sogar ein Interesse daran, diese Morde nicht aufzuklären?

Jetzt kann man durchaus einwenden: Welchen Sinn macht das alles heute, nach acht Jahren?, vor allem dann, wenn man sich ein Zitat des Generalanwaltes Mayerhofer vom Justizministerium aus dem Jahr 1992 in Erinnerung ruft, der damals schon sagte: "Die Kurden sind tot, die Verdächtigen sind im Iran. Und damit hat sich’s." – Vielleicht ist diese Frage auch deswegen durchaus zulässig, weil die meisten Dinge, über die heute geredet wird und die der eine oder andere Politiker als großartige Neuigkeit zu verkaufen versucht, eigentlich schon 1989 bekannt waren.

Ich glaube aber, daß es nicht richtig sein kann und nicht richtig sein darf, daß ein Fehler, der einmal gemacht wurde, einfach bestehen bleibt. Und vor allem darf es dann nicht richtig sein, wenn dieser Fehler weiter fortwirkt, wenn von einem Fehler so viele Menschen, und zwar nicht nur Österreicherinnen und Österreicher, sondern Menschen innerhalb und außerhalb unseres Staatsgebiets betroffen sind, wenn es noch dazu eine Chance auf Schadensbegrenzung gibt und wenn man vor allem vermeiden möchte, daß diese Fehler wieder begangen werden. – Das ist der Sinn einer solchen Debatte heute und für die Zukunft, bis eben diese Sache geklärt ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn man von Fehlern redet, so geht es auch darum, darüber nachzudenken, was überhaupt Fehler sein können: Bedeuten diese Fehler Unvermögen handelnder Personen – sozusagen mangelnde Qualifikation, Fehleinschätzung, all das, was menschlich begründbar, wenn auch in der Auswirkung übel ist –, oder war es gewolltes "Unvermögen", das an den Tag gelegt wurde? Hat man einem Druck nachgegeben? Wenn es so war, warum hat man einem Druck nachgegeben? Von wem wurde nachgegeben? Wer hat nachgegeben? Waren unsere bisherigen und sind unsere gegenwärtigen Beziehungen zum Iran, die wir auf diplomatischer Ebene pflegen, ein Fehler? Sind sie falsch gelagert – oder ist nicht der größte Fehler überhaupt, all das, wovon wir reden, einfach zudecken zu wollen?

Ich sehe in all dem einen unglaublichen Schaden für die Republik, einen Schaden, der nach innen und außen wirkt, einen Schaden, der vor allem dadurch entsteht, wie mit all diesen Fakten umgegangen wird. Die Schadensverursacher sind all jene, die zwar davon reden, daß sie Klarheit in die Sache bringen wollen, aber keine einzige Maßnahme setzen, die objektiv geeignet wäre, Klarheit in die Sache zu bringen.

Das fängt bei jenen Parlamentariern an, die bislang einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht zugestimmt haben, die wahrscheinlich auch heute wieder nicht zustimmen werden. Sogar die Vorsitzende des Justizausschusses – man muß sich einmal vorstellen, welche Haltung für diese Funktion dahintersteht – tut, wie ich einer Presseaussendung von heute entnehme, einen Untersuchungsausschuß als "politisch motiviertes Instrumentarium" ab, das doch überhaupt keinen Stellenwert haben könne, und erteilt im voraus eine Absolution.

Sie sind die Schadensverursacher unserer Republik. Aber das zieht sich hinauf bis zum Bundeskanzler, zum Vizekanzler und bis zum Bundespräsidenten. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Jetzt sind wir bei der Sache!) Ich kann Ihre Sprüche nicht mehr hören, wenn Sie alle sagen, Sie seien an einer lückenlosen Aufklärung interessiert; gleichzeitig aber setzen Sie zahnlose Instrumentarien ein.

Der Außenminister gehört zu jenen, die nicht einmal bereit waren, ein zahnloses Instrumentarium, nämlich die Innenrevision in seinem Ministerium, einzusetzen, weil er gefunden hat, es sei sowieso alles klar. – Das ist für mich das Unerträgliche, wobei die Glaubwürdigkeit unserer Rechtsstaatlichkeit, die Glaubwürdigkeit in der Einschätzung der handelnden Personen, die Glaubwürdigkeit in die Politik schlechthin nicht nur aufs Spiel gesetzt, sondern mutwillig zerstört wird. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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