Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 102

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Und man schweigt sich aus! Das ist die Herrschaft der Sekretäre! Das ist die Abwesenheit eines moralischen Mindeststandards in der österreichischen Politik, dort, wo Rot und Schwarz ohne Kontrolle nach wie vor das Sagen haben!

Meine Damen und Herren! Das ist das Problem! Denn die Regierungsparteien betrachten diesen Staat nach wie vor als ihr persönliches Eigentum. Sie tun so, als gehöre ihnen all das. Mit welcher Berechtigung können sie sich so verhalten? Wie soll denn ein normaler, qualifizierter junger Mensch in Österreich eine Chance haben, tatsächlich eine Führungsposition in einer von diesen von der Herrschaft der Sekretäre erfaßten Institutionen zu bekommen? Er kann noch so gut sein, er wird nie eine Chance haben, denn bestimmte Posten werden einfach nicht ausgeschrieben! Darüber geht man hinweg, man besetzt diese Posten mit Vertrauensleuten aus der eigenen Partei! Das ist doch fürchterlich! (Abg. Ing. Reichhold: Wie im Ostblock!) Im Ostblock sind die Verhältnisse schon besser als in Österreich! Wir sind wirklich das westlichste Land des Ostblocks, nicht das östlichste Land des Westens! Das ist leider der Fall! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Österreichische Volkspartei ist nur deshalb so schweigsam, weil sie überall mitnascht! Herr Schüssel verkündet am 1. Mai: Privatisierung, Objektivierung. Aber was ist dann das Ergebnis? – Es mußte die Stelle eines fünften Direktors bei den ÖBB her! Der schwarze Attems muß Generaldirektor bei der Kontrollbank werden! Es muß der Ditz-Sekretär Koren versorgt werden: Obwohl er gar keine Bankenpraxis hat, wird er in eine Bank hineinkatapultiert! Da muß Herr Ditz bei der Post versorgt werden: Nachdem er zuerst die Milliarden der Post als Finanzminister ausgeräumt hat, holt er sich jetzt einen 3-Millionen-Vertrag, um das abgewirtschaftete Unternehmen weiterwursteln zu lassen.

Meine Damen und Herren! Ich könnte Beispiele über Beispiele nennen, durch die deutlich wird, daß es so nicht geht! Die Möglichkeit, die Republik zum Selbstbedienungsladen zu machen, muß endlich einmal unterbunden werden! Wir müssen dazu beitragen, auch hier im Parlament! Daher appelliere ich an die Abgeordneten – auch der Regierungsparteien –, klare politische und gesetzliche Entscheidungen zu treffen, um diese hemmungslose Selbstbedienung der roten und schwarzen Funktionäre ein für allemal der Vergangenheit angehören zu lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Allein der Antrag – um nur ein Beispiel zu nennen –, den Kollege Stummvoll und Kollege Eder zum Kauf der Bundesanteile an der Eisenbahn-Siedlungsgesellschaft, gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft, eingebracht haben, zeigt, wie es hier läuft. Da werden zu einem Nominalwert von 180 Millionen Schilling 18 bis 20 Milliarden Schilling bestehendes Vermögen und noch kommendes Vermögen durch die Auslaufgewinne, die gemacht werden, im wahrsten Sinne des Worte verhökert! Es ist brutal, was sich hier abspielt!

Wir werden uns mit dieser Frage noch sehr genau auseinandersetzen. Denn es herrscht derzeit, wie mir scheint, eine Art Endzeitstimmung in dieser Koalitionsregierung. Jeder versorgt sich noch mit einem Posten und sagt sich: Nachher tun wir objektivieren! Wenn wir alles besetzt haben, dann soll objektiviert werden. Aber jetzt müssen wir es uns noch richten.

Daher sage ich Ihnen: Das, was sich nach wie vor in der Oesterreichischen Nationalbank abspielt, ist in Wirklichkeit ein Skandal. Denn 1992, als wir das erste Mal Kritik an den Mißständen geübt haben, hat es geheißen: Jetzt wird Ordnung gemacht! Nun frage ich Sie: Wo ist denn Ordnung gemacht worden? Nach wie vor bestehen Situationen, die gegenüber der Bevölkerung überhaupt nicht mehr zu rechtfertigen sind. Das Pensionsrecht für die, die vor 1993 in den Dienst eingetreten sind, lautet: 85 Prozent des Letztbezuges. In die Bemessungsgrundlage wird auch das Überstundenpauschale mit eingerechnet. Wo sonst gibt es denn so etwas? Es werden sämtliche Zulagen, die jemand bekommen hat, in die Bemessungsgrundlage eingerechnet. Da kann es vorkommen, daß Leute mehr als 100 Prozent des Aktivbezuges als Pensionen ausbezahlt bekommen! Das heißt: Manche sind in der Pension viel wohlhabender als in der Zeit, in der sie arbeiten, weil sie durch das System so begünstigt werden.

Oder: Die Menschen im normalen Erwerbsleben müssen flexibel und länger arbeiten. Der Kontroll- und Betriebsarzt der Oesterreichischen Nationalbank gewährt jedem, der das will, noch


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