Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 136

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zu kümmern, und sie tun es ja im Regelfall auch. Wenn Eltern daher nicht in der Lage sind, sich um ihre Kinder so zu kümmern, wie sie es möchten, und auch finanziell nicht das aufwenden können, was sie für die Kinder gerne aufwenden würden, dann ist der Staat in die Pflicht zu nehmen.

Wir haben uns die Datenlage besorgt, Herr Bundesminister, wir haben die Berechnungen durchgeführt, und wir mußten nicht sehr viele Mitarbeiter zusätzlich einstellen; wir mußten nur unsere wirklich guten Mitarbeiter längere Zeit dafür abstellen. Wir wissen daher, daß es möglich wäre, eine Grundsicherung für Kinder mit Beträgen zwischen 5 500 S und 7 500 S in der Altersstaffelung einzuführen, und zwar unter Berücksichtigung der Mehrkinderfamilien, unter Berücksichtigung des Status der Eltern, ob getrennt, geschieden, verheiratet, zusammenlebend oder was auch immer. Wir kämen mit denselben Volumina aus, wie Sie sie jetzt für Familienbeihilfen und Absetzbeträge brauchen, allerdings – das sage ich ganz offen, vor allem an die Adresse der Kollegen von der Freiheitlichen Partei und auch von der ÖVP – voll zu Lasten der Absetzbe-träge, das heißt, voll zu Lasten der höheren Einkommen.

Ich würde mir wünschen, daß wir das doch einmal in die Tiefe diskutieren. In der Wissenschaft wird es bereits diskutiert, in den Kammern wird es bereits diskutiert. Wann beginnt die Bundesregierung mit einem offenen Gespräch? Ich biete es noch einmal an. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap. )

17.50

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werter Kollege Cap! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Minister! Ich habe mehrere Probleme mit dieser Anfrage. Das eine Problem hängt sicher mit der Beantwortung zusammen. Herr Minister! Die Antwort ist etwas dürftig ausgefallen. Sie müssen auch die Rechte der Opposition verstehen, die sich von einer Anfrage auch eine Beantwortung erwartet.

Es wäre zumindest möglich gewesen, die Freiheitliche Partei darauf hinzuweisen, daß das, was sie in dieser Anfrage versteckt hat, nämlich das Familiensplitting, das steuerfreie Existenzminimum und und und, also alles, was hier an Vorstellungen der Freiheitlichen zur Familienförderung schon seit geraumer Zeit herumgeistert, durchaus, wenn auch nicht konkret, bereits in Modellen berechnet wurde. Es wäre also möglich gewesen, Sie, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, darauf hinzuweisen, daß beispielsweise die Arbeiterkammer Oberösterreich derartige Modellberechnungen schon durchgeführt hat. Es gibt auch von anderer Seite Berechnungen, und ich kann Ihnen auch deren Ergebnis schildern.

Sowohl beim steuerfreien Existenzminimum, als auch bei der Regelung über Freibeträge, als auch beim Familiensplitting werden ganz bestimmte Familienformen bevorzugt und – außer man macht viele Ausnahmen, aber dann wird die Wirkung dieses Systems wieder zerstört – reichere Einkommensbezieher gegenüber ärmeren begünstigt. Sie können das an den verschiedenen Modellen durchrechnen. Es gibt diese Modellberechnungen. (Abg. Böhacker: Alleinverdiener!) Es kommt im Endeffekt bei allen groben Modellannahmen – wenn ich nicht ganz komplizierte und auskalkulierte Ausnahmen und Begrenzungen wieder einziehe – heraus, daß die Reicheren begünstigt werden. Dazu sage ich für die Grünen: Da machen wir sicher nicht mit.

Ich halte es für falsch, daß man unter dem Aspekt, über Familienbeihilfen eine bessere Familienförderung als die bestehende machen zu wollen, eigentlich nur eines erreichen will – das kann ich auch in manchen Debattenbeiträgen der ÖVP feststellen; nicht bei allen, das gebe ich zu –: daß diejenigen mit höheren Einkommen höhere Leistungen aus der Familienförderung erhalten als diejenigen mit niedrigeren Einkommen oder gar keinem Einkommen. Darauf hat Kollege Kier schon hingewiesen. Das Problem ist, daß Sie mit dieser steuerlichen Förderung teilweise gar nicht jene erreichen, die es am dringendsten brauchen.


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