Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 55

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ten als jene der Minister? Wie kann es sein, daß ein so unlogisches System besteht, das nicht nach Verantwortung, nicht nach Qualifikation und nicht nach Arbeitsbelastung unterscheidet?

Unser System ist eben eine Pyramide, wo niemand mehr verdient, außer der Herr Bundespräsident und der Herr Bundeskanzler, und wo alle darunter je nach Verantwortung und Arbeitsbelastung eingestuft werden. Das System ist daher logisch und in sich geklärt. Und auch für die "Ämterhäufer", also für diejenigen, die mehrere Ämter nebeneinander haben, wurde klargestellt: Politik als Beruf bedeutet, daß auch für Berufspolitiker der Tag nur 24 Stunden hat. Der Ausspruch von Friedrich II. von Preußen: Der Tag hat 24 Stunden, und wenn das nicht reicht, nehme ich die Nacht dazu!, ist leider für Politiker nicht anwendbar. Auch er hat nur die Möglichkeit, 24 Stunden zu arbeiten. Wir haben daher Begrenzungen in der Anzahl der Funktionen und Begrenzungen der Bezüge eingeführt, die wir vertreten können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Kritikpunkt war, daß sich die Politiker selbst ihr Einkommen festlegen. Wir haben die Vorschläge für diese Pyramide von einer unabhängigen Kommission bekommen, die von allen Parteien dieses Hauses einstimmig eingesetzt wurde und an deren Spitze der allseits geachtete und unbestechliche Rechnungshofpräsident stand. In der Kommission waren der Rektor einer Universität, ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, ein Wirtschaftstreuhänder, ein Rechtsanwalt und eine Wissenschaftlerin vertreten. All diese Personen waren nicht persönlich betroffen. Sie haben diesen Vorschlag gemacht, und ich glaube, das Hohe Haus schuldet diesen Damen und Herren Dank dafür, daß sie in drei Monaten einen Kommissionsbericht erarbeitet haben, der wirklich sinnvoll und gut ist und den wir heute nahezu 1 : 1 umsetzen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben – diesem Kommissionsbericht folgend – unsere Bezüge, die Bezüge der Politiker, von den Bezugsentwicklungen des öffentlichen Dienstes abgekoppelt. Warum? – Weil man uns vorgeworfen hat: Ihr im Nationalrat beschließt ja jedes Jahr, wieviel die Bezugserhöhung für den öffentlichen Dienst ausmacht. Damit beschließt ihr ja in die eigene Tasche!

Wir haben daher anstelle des öffentlichen Dienstes als Meßlatte die Ist-Lohnentwicklung in Österreich herangezogen. Das heißt, wenn die Bezüge in ganz Österreich steigen, steigen auch jene der Abgeordneten dem Durchschnitt entsprechend. Ist in Österreich die Lohnentwicklung niedrig, so steigen auch die Abgeordnetenbezüge nur gering. Ist die Lohnentwicklung gut, so ist auch die Abgeordnetenentlohnung gut. Das ist drittvergleichsfähig. Wir sind keine abgehobene Politikerberufsschicht, sondern wir sind Teil der österreichischen Bevölkerung. Wir arbeiten für sie, und wir arbeiten gerne für sie, und wir tun das natürlich auch im Bewußtsein, daß wir dazu verpflichtet sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben diese Regelung in einem Vierparteiengespräch, würde ich sagen, marathonartig erarbeitet. Wir haben zuerst in der Präsidialkonferenz diese Kommission im Konsens aller fünf Parteien eingesetzt. Wir haben dann die Beratungen aufgenommen. Als aber die Freiheitliche Partei in der Präsidialkonferenz gesagt hat, die Gespräche zur Erarbeitung einer Regelung müßten öffentlich sein, es gebe keine Verhandlungen ohne das Auge der Öffentlichkeit, haben wir gewußt, daß es den Freiheitlichen nicht ernst ist.

Dabei haben die Freiheitlichen, die Abgeordneten Mag. Stadler, Dolinschek und Kollegen, am 27. 2. 1996, also vor etwas mehr als einem Jahr, einen fundierten Antrag vorgelegt. Dieser Antrag ging allerdings von dem System – Abgeordneter Kostelka hat schon darauf hingewiesen – eines niedrigen Grundbezugs und daneben noch vielen Zusatzeinkommen aus, die nicht von vornherein für die Öffentlichkeit verständlich sind. So steht zum Beispiel drinnen: Die Grundentschädigung eines Mitgliedes des Nationalrates beträgt im Kalenderjahr 1996 monatlich 30 000 S. – Großartig, bescheiden, wenig! Im nächsten Absatz heißt es aber, daß für jeden Tag der Sitzung in diesem Haus der Abgeordnete 6 000 S bekommen soll. Das ist ein Tageslohn von 6 000 S! (Rufe des Erstaunens bei der ÖVP.) Es wird aber noch viel besser! Es steht in diesem § 3 Abs. 4 außerdem noch drinnen: Wenn er sechs Stunden an einer Ausschußsitzung teilnimmt, dann soll er 6 000 S für sechs Stunden bekommen. (Neuerliche Rufe des Erstaunens bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Das ist unrichtig!)


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