Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 89

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kürzlich gefallen – und man auf diese Weise Kontrollinstrumente der Opposition halt formal absichert, aber in der Realität kein Bedürfnis für einen Untersuchungsausschuß besteht, weil man das mit den eigenen Instrumenten machen wird. Das kann nicht Ihr politisches Verständnis sein, das glaube ich einfach nicht.

Das zweite ist – und ich bitte Sie, darüber nachzudenken –: Wenn Sie Sorge haben, daß Schatten auf Ihre Parteien fallen könnten, dann sollten Sie das abwägen gegen die Sorge um die Schatten, die entstehen, wenn Ihre Parteien das Image bekommen, Vertuscherparteien zu sein. Das ist nicht irgendeine Polemik, sondern was glauben Sie denn, welche Schlüsse die Menschen aus der Tatsache ziehen, daß Sie sich gegen solche Untersuchungsausschüsse derart wehren? Eine direkte Reaktion ist – und sie liegt auf der Hand –: Na, die werden schon etwas zu verstecken, die werden schon etwas zu verbergen haben!

Kollege Löschnak! Sie können niemandem einreden, daß der Bericht, der aus dem eigenen Haus kommt, wirklich als ein glaubwürdiger Kontrollbericht angesehen wird. Das können Sie nicht einmal einem politisch uninteressierten Menschen einreden, geschweige denn jemandem, der darüber nachdenkt und der sich damit auseinandersetzt. Das kann man nicht ernst nehmen, daß ein Bericht aus dem eigenen Haus tatsächlich Unregelmäßigkeiten aufdecken möchte – und die Widersprüche und die Lücken, die jetzt durch die Vorlage des Berichtes evident sind, beweisen das ja auch.

Das heißt, Sie haben durchaus zu Recht zu befürchten: Was ist, wenn herauskommt, daß der eine oder der andere aus Ihren Reihen sich damals nicht so verhalten hat, wie er sich hätte verhalten sollen? Das tut Ihnen weh, das wollen Sie demjenigen nicht antun und wollen Sie auch nicht Ihren Parteien antun. Ja, das verstehe ich, aber Sie haben auch Sorge zu haben, welches politische Verständnis Sie nach außen vermitteln, welche politische Verantwortung Sie nach außen vermitteln und welches Image Ihre Parteien damit bekommen, wenn Sie einfach nur abblocken, und zwar ohne eine wirklich sachdienliche Begründung.

Wenn es jetzt nicht nur um das Image der Parteien geht, dann frage ich Sie wirklich: Welches politische Verständnis haben Sie von Ihrer Aufgabe hier im Hohen Haus?

Wir wissen, daß schon die gesetzgeberische Aufgabe auf eine Weise erfüllt wird, die dem Parlamentarismus eigentlich nicht gerecht wird. Ich will da jetzt nicht eine große Strukturdebatte beginnen, aber Sie alle müssen dieses Unbehagen spüren, daß sich hier vieles fehlentwickelt und daß wir hier sowieso nur noch die Mindeststandards erfüllen.

Dann gibt es eine zweite gleichwertige Aufgabe für das Parlament, und das ist die Kontrolle. Und jetzt wollen Sie auch diese Kontrollfunktion völlig ad acta legen, jetzt sagen Sie, daß Sie das überhaupt nicht im parlamentarischen Raum umsetzen wollen, daß das die da draußen machen sollen? – Das kann nicht Ihr Beitrag zur Verbesserung der politischen Kultur sein. Niemand von Ihnen hat meiner Meinung nach das Recht, über eine Verbesserung des Parlamentarismus zu reden, wenn er nicht selbst seinen Beitrag, und zwar dort, wo er möglich ist, leistet. Es wäre ein wesentlicher Beitrag, wenn Sie ein solches Kontrollinstrument zuließen.

Jetzt denke ich mir, Sie wollen es – Anführungszeichen – "aussitzen". Man setzt auf Zeit und sagt: Jetzt hat die Opposition mit ihren Aktionen noch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, jetzt sind die Leute noch aufmerksam, wir brauchen nur lange genug zuzuhören beziehungsweise nicht zuzuhören, irgendwann läuft sich das tot, und die Journalisten schreiben auch nicht mehr darüber.

Es mag sein, daß das eine Rechnung ist, die vielleicht irgendwann einmal aufgeht, aber die Chancen sind gering, das sage ich Ihnen. Und zwar erstens deshalb, weil wir mit Sicherheit nicht lockerlassen werden, weil wir hier ein Bedürfnis der Kontrolle sehen, und zweitens glaube ich, daß das eine Rechnung ist, die Sie nicht aufstellen dürften, weil Sie damit eigentlich eine Bankrotterklärung Ihres parlamentarischen Verständnisses in Hinsicht auf Kontrolle abgeben. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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