Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 90

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Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, daß irgend jemand von Ihnen, der den Bericht gelesen hat, das Gefühl hat, es sei alles in Ordnung. Das kann nicht sein, weil die Widersprüche und auch die Lücken evident sind, die Widersprüche, die es zwischen Innenministerium, Außenministerium und Justizministerium gibt, die Haftgründe betreffend. Erinnern Sie sich zurück, wir haben hier eine Dringliche Anfrage zu diesem Thema behandelt, auch im Rahmen einer Sondersitzung. Der Außenminister hat uns damals erzählt, es habe keine Haftgründe gegeben, und im Bericht, der wenige Tage später aus Ihrem Ressort, Herr Bundesminister Löschnak, vorgelegt wird, gibt es bemerkenswerterweise eine Auflistung darüber, was alles Haftgründe gewesen wären. – Einen eklatanteren Widerspruch gibt es überhaupt nicht. Die Justiz hat kein Ohrwaschl gerührt.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, obwohl kein unmittelbarer Zusammenhang besteht: Wenn die Justiz nicht das Gefühl bekommt, daß auch dieses Parlament bereit ist, zu kontrollieren, dann werden solche Fehlleistungen immer wieder vorkommen. Wir haben erst jetzt eine solche Fehlleistung erlebt. Ich halte es für einen Skandal, wie mit der Vernehmung des Herrn P. im Zusammenhang mit den Briefbomben umgegangen wurde. Ich halte es für einen Skandal, mit welcher Überheblichkeit ein Gerichtspräsident so tut, als wäre es Sache der richterlichen Unabhängigkeit, wenn nichts passiert.

Ja, Sie nicken mit dem Kopf, und viele hier sind sich vielleicht darüber einig, aber wie wollen Sie denn das irgendwie disziplinieren, wenn sich alle darauf verlassen können, daß ohnehin nicht kontrolliert wird. Der Justizminister hat nicht reagiert, und dieses Parlament reagiert in anderen Fällen nicht. Das heißt, wenn wir nicht das Gefühl vermitteln, daß hier eine aufmerksame Kontrolle sitzt, dann werden Sie das immer wieder erleben.

Wie unverschämt diese Argumentation des Gerichtspräsidenten war, der gesagt hat, das sei richterliche Unabhängigkeit, hat man jetzt daran gesehen, daß jetzt nach der Vernehmung sogar die Untersuchungshaft verhängt werden mußte. Das alleine zeigt doch, daß hier eine Vorgangsweise gewählt wird, die aus einer Selbstherrlichkeit heraus agiert, die man doch nicht zulassen darf. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Nun möchte ich gar nicht unterstellen, daß eine solche Selbstherrlichkeit damals im Jahr 1989 die Ursache für diese Vorkommnisse war. Das ist sicher nicht vergleichbar, und das möchte ich niemandem unterstellen. Aber ich halte es für wichtig, zu wissen: Wurde Druck ausgeübt, und wenn ja, auf wen, und wer hat sich davon beeinflussen lassen? Ich halte das vor allem dann für wichtig, wenn es höchste Repräsentanten in unserem Lande gibt, über denen der Verdacht hängt, daß sie dem Druck nachgegeben und ihn selber weitergegeben haben. Und wenn dieser höchste Repräsentant nicht nur Bundespräsident ist, sondern auch der Oberbefehlshaber unseres Bundesheeres, dann muß es Ihre Aufgabe sein, hier eine Klarstellung herbeizuführen. Und das geht nur mit einem Untersuchungsausschuß in diesem Hause! Das kann man nicht außerhalb aufklären!

Daher appelliere ich an Sie – hoffentlich zum letzten Mal; nur wenn Sie heute nicht darauf einsteigen, mit Sicherheit nicht zum letzten Mal –, ein Umdenken bei Ihnen selber zuzulassen, Untersuchungsausschüsse zuzulassen und auf diese Weise wieder Glaubwürdigkeit in die Politik ein Stückchen mehr wiederherzustellen, als es sowieso noch notwendig wäre. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

15.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Löschnak. Ab jetzt beträgt die maximale Redezeit 5 Minuten.

15.21

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Dr. Schmidt! Ich konzediere Ihnen, daß Sie tatsächlich die lautere Absicht haben, das Parlament in seiner Kontrollfunktion in bestimmten Bereichen einzuschalten, um aufzuklären, was tatsächlich war und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Das konzediere ich Ihnen persönlich, nur bei einem Teil der


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