Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 34

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wenn Sie das alles bedenken, wenn Sie sehen, wie mit Verboten – Amtsmißbrauch ist verboten, und er passiert trotzdem – umgegangen wird, können Sie nicht, so meine ich, darüber reden, daß beim Einsatz der Instrumente die Verhältnismäßigkeit zu wahren ist. Sie haben die Verantwortung, daß beim Beschluß der zu schaffenden Mittel die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Diese Verhältnismäßigkeit ist aber mit Einführung dieser Instrumente mit Sicherheit nicht gegeben! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Herr Bundesminister für Justiz – wo immer er jetzt auch sein mag! Sie sagen, es sei Ihrer Meinung nach sehr ausgewogen. Wenn Sie es als ausgewogen bezeichnen, daß eine Videorisierung, das heißt, sowohl der Lausch-, weil er mit Ton erfolgt, als auch der Sehangriff auch ohne richterlichen Befehl, und zwar bei jedem Delikt, erfolgen kann, nämlich dann, wenn er nicht länger als 24 Stunden dauert, dann wird mir jetzt schon schwummerig bei dem Gedanken, wie Sie mit den Kontrollinstrumenten umgehen werden. Da wäre nicht einmal ein richterlicher Befehl ausreichend.

Für mich wäre angesichts des Verhaltens des Gerichtspräsidenten Woratsch in der Frage des Zeugen P., nämlich mit welcher Selbstgefälligkeit er sich vor das Justizressort gestellt und die Verschleppung der Vernehmung als einen Akt der unabhängigen Gerichtsbarkeit bezeichnet hat, während Sie von dienstaufsichtsbehördlichen Maßnahmen keinen Gebrauch gemacht haben, sodaß es soweit gekommen ist, daß bei der doch erfolgten Vernehmung auf einmal Flucht- und Verdunkelungsgefahr festgestellt wurde, nicht einmal ein richterlicher Befehl ausreichend.

Ihnen aber gibt das alles ausreichend Sicherheit, daß derartige Eingriffe in die Grundrechte ordentlich erfolgen? – Das kann nicht Ihr Ernst sein! Ich appelliere daher an Sie: Die Verhältnismäßigkeit der Einsetzung der Instrumente liegt in Ihrer Verantwortung! Schieben Sie diese Verantwortung nicht an Ressorts ab, von denen wir wissen, wie sie damit umgehen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

10.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte sehr.

10.15

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, Sie sprachen vom notwendigen Vertrauen in die Säulen des Rechtsstaates. Ich glaube auch, daß dieses Vertrauen notwendig ist. Ich frage Sie nur: Kann es noch gegeben sein?

Im "Mykonos"-Urteil heißt es in einer Passage sinngemäß: Die Unabhängigkeit der Justiz steht dann auf dem Prüfstand, wenn der Terror nicht von irgendwelchen isolierten Gruppen, sondern von Staaten oder staatsnahen Stellen, von mächtigen Staaten, die Wirtschaftsaufträge zu vergeben haben und die Druck auf Staaten und auf deren Justiz ausüben, kommt. (Abg. Marizzi: Mein Freund Bani-Sadr!) Dann steht die unabhängige Justiz auf dem Prüfstand!

Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie: Prüfen wir einmal gemeinsam, ob die Unabhängigkeit der Justiz einer derartigen Prüfung noch standhält.

Ich glaube nicht, daß es böser Wille ist und ähnliches, sondern daß in vielen Fällen die Informationslage, auch bei den Behörden, schlecht ist und es einen Reflex gibt, sich Schwierigkeiten, Wickel, Zores zu ersparen. Letztere bekommt man aber, wenn man einem mächtigen Staat wie dem Iran gegenübertritt.

Herr Bundesminister! Sie haben heute selbst gesagt, einzelnen Vertretern – gemeint war Woratsch – fehle es an Professionalität. Ich frage Sie: Welche Schlüsse ziehen Sie im Hinblick auf das Vertrauen in die Säulen des Rechtsstaates daraus, wenn offenbar auch Unprofessionalität, Uninformiertheit oder vielleicht der Kniefall vor einem allzu großen Druck Einzug gehalten haben?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite