Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 51

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Caritas. Es wurde de facto kein einziger Punkt davon berücksichtigt – mit einer ganz kleinen Ausnahme, auf die ich noch eingehen werde, weil diese kleine Ausnahme sehr erhellend ist.

Natürlich haben seriöse Experten im Expertenhearing eingeräumt, daß es da oder dort besser ist, als es bisher war. Aber nur deswegen, weil sich etwas, das ganz schlecht ist, geringfügig verbessert, ist es noch nicht gut. Aus den Aussagen des UNHCR oder der Caritas, daß sie Verbesserungen erkennen können, abzuleiten, daß das jetzt eine gute Sache wäre, ist absolut zynisch angesichts des Umstandes, daß die schriftlichen Änderungsvorschläge dieser Organisationen ignoriert worden sind. Sie waren mit dem, was sie vorgelegt bekommen haben, nicht zufrieden. Sie haben konstruktive Vorschläge gemacht.

Ich stehe auch gar nicht an, zuzugeben, daß in unseren umfangreichen Abänderungsanträgen der eine oder andere Vorschlag enthalten ist, der sich auch in den beiden genannten Entwürfen findet, denn wer sich mit Menschenrechten auseinandersetzt, kommt in der einen oder anderen Frage sehr rasch zum selben Ergebnis wie jemand anderer, der dasselbe tut. Es ist ja nicht so, daß hier das Rad erfunden werden muß. Die Menschenrechtskonvention ist schon einige Jahre alt, und auch die Genfer Flüchtlingskonvention wurde nicht erst gestern beschlossen.

Daher möchte ich ausdrücklich festhalten: Das, wessen Sie sich hier selbst berühmen, ist es nicht! Vor allem ist es kein Integrationspaket, von dem Sie immer gesprochen haben, weil Sie alle Fragen, die mit der Staatsbürgerschaft zusammenhängen, überhaupt nicht in Angriff genommen haben. Außerdem hat eine echte Harmonisierung zwischen Aufenthaltsrecht und Ausländerbeschäftigungsrecht wieder nicht stattgefunden. Doch nur dann, wenn man diese beiden Felder harmonisiert und aus einer Hand heraus letztlich in einem Gesetz regelt, könnte man viele Probleme, die heute bestehen, beseitigen und würde man vor allem einen echten Zugang zu dem schaffen, was man Aufenthaltsverfestigung und Integration nennt. Denn in Anspruch zu nehmen beziehungsweise zu behaupten, daß dieses Gesetz der Integration dienlich sei, ist wirklich mutig. Es gibt ein paar kleine Fortschritte, das ist richtig, aber wirkliche Integrationsmaßnahmen finden wir zumindest in diesen beiden Gesetzentwürfen nicht.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel: die Ausweispflicht für Fremde. Frau Kollegin Partik-Pablé jubelt, sie hat aber nicht zu Ende gedacht, denn die Ausweispflicht für Fremde bedeutet de facto die Ausweispflicht für alle. Wenn ich keinen Ausweis mithabe und egal aus welchen Gründen, mutwillig oder nicht, für einen Fremden gehalten werde und diesen Verdacht nicht durch rasches Vorweisen meines Ausweises als Inländer abwehren kann, bin ich schon in einer De-facto-Ausweispflicht. Es stellt sich dann, nachdem man mich vielleicht festgehalten hat, meine Identität geprüft hat, zwar heraus, daß das ein Irrtum war, aber um dem Irrtum vorzubeugen, werde ich gut beraten sein, ab Einführung der Ausweispflicht für Fremde selbst auch ständig einen Ausweis mitzuhaben, damit ich nicht in die unangenehme Lage komme, mich vorher festnehmen zu lassen zum Nachweis dessen, daß ich keinen brauche. – Das ist Polizeistaat! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ein weiteres Beispiel, das wir in der Diskussion auch genannt haben, ist der quasi Mutter-Kind-Paß für Fremde. Es gibt die Regelung, daß dann, wenn eine nichtösterreichische Staatsbürgerin in Österreich ein Kind zur Welt bringt, das Kind den Aufenthaltstitel der Mutter teilt. Hat die Mutter eine Aufenthaltsberechtigung, so hat sie automatisch auch das Kind, hat sie keine, so hat automatisch auch das Kind keine.

Ob der Vater einen Aufenthaltstitel hat, interessiert die Regierungsparteien nicht. Ich sage Ihnen: Wenn man Gerechtigkeit in diesem Fall schaffen und die Menschenwürde und die Menschenrechte achten will, dann muß man dem Kind von beiden Elternteilen alternativ abgeleitet den Aufenthaltstitel einräumen können. Nicht nur die Mutter allein soll dafür ausschlaggebend sein, sondern auch der Vater sollte dabei eine Rolle spielen. Und ich meine, daß diese Regelung deutlich die Gesinnung zeigt, mit der dieses Gesetz verfaßt wurde.

Kollege Leikam hat gemeint, es wäre so ausführlich diskutiert worden. – Ich meine, so ausführlich wurde in diesen Ausschüssen nicht diskutiert. Wir haben sie zwar boykottiert, aber unsere Mitarbeiter waren dort – das wissen Sie genau – und sind zum Teil aus dem Staunen nicht herausgekommen. Die zweite Ausschußsitzung, in der so "ausführlich" diskutiert wurde,


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