Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 52

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hat nicht einmal 45 Minuten gedauert und hat sich fast ausschließlich mit der Frage Au-pair-Mädchen beschäftigt; ich glaube, das war nicht die zentrale Frage beim Fremdengesetz und beim Asylgesetz! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Andererseits wurde der Gegenstand, der heute zur Einwendungsdebatte geführt hat, nämlich der Bundesasylsenat, im Ausschuß de facto gar nicht diskutiert. In diesem Zusammenhang wurden den Ausschußmitgliedern nur die jeweils fertigen Papiere quasi zur beschlußfassenden Kenntnisnahme vorgelegt, aber erarbeitet wurde das dort nicht. Im Gegenteil: Erarbeitet wurde es im vorparlamentarischen Raum, und die Diskussion in den Ausschüssen hat – das räume ich Ihnen gerne ein, weil das durchaus ein Lob für die Opposition ist – gelitten, sie war nicht leicht möglich, da die Ratlosigkeit bedeutend war. Herr Kollege Kiss! Sie wissen das ganz genau, nur glauben Sie, daß man, wenn man nicht Augenzeuge ist, nicht informiert ist.

Auch wenn wir der Meinung sind, daß es besser ist, daß es jetzt das Fremdengesetz gibt und nicht mehr zwei Gesetze – wir geben das durchaus zu –, bedeutet das nicht, daß wir das Gesetz loben. Es ist das allerdings ein Gesetz, das zu lesen man Experte sein muß. Wenn man Betroffener ist und im speziellen Fall vielleicht zwar schon integriert, aber der deutschen Sprache noch nicht mächtig genug, österreichische legistische Texte lesen zu können, dann hat man von dem Gesetz herzlich wenig, man ist vielmehr zwingend auf Beratung angewiesen.

Zur Integration ein paar Hinweise, dazu, warum wir so skeptisch sind. Bei der Familienzusammenführung war Ihnen die Menschenrechtskonvention gleichgültig. Sie haben nicht verstanden, daß es andere Möglichkeiten gibt, den Familienzuzug über mehrere Jahre aufgeteilt zu steuern, als eine Quote zu beschließen, die per se grundrechtswidrig ist. Sie haben nicht verstanden, daß es möglich gewesen wäre, allen, die Familienzusammenführung anstreben, die sofortige Antragstellung zu erlauben, aber die Bescheide über eine Zeitreihe zu verteilen. Rechtssicherheit ist ein hohes Gut, und wenn ich heute weiß, daß ich meine Familie in drei Jahren nachholen kann, so ist mir das lieber, als dreimal ansuchen zu müssen und dreimal an der Quote zu scheitern. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Auch die Aufenthaltsverfestigung ist Ihnen mißlungen, denn wer ein Jahr ohne Beschäftigung ist, kann ohne weiteres – trotz rechtskräftigen Aufenthaltstitels – abgeschoben werden.

Auch die Wohnungen betreffend sind Sie unseren Vorschlägen nicht gefolgt. Wir waren der Meinung, es wäre besser, auf sanitäts-, gesundheits- und baupolizeiliche Standards statt auf irgendwelche Ortsüblichkeiten abzustellen, und zwar einfach auf jene, die in dem jeweiligen Bundesland gültig sind. Wenn eine Wohnung gesundheits-, bau- und sanitätspolizeilich okay ist, dann muß sie als ausreichend anerkannt werden.

Wo ist der Fortschritt aus dem Jahr 1995, als wir folgende Ausschußfestellung durchgesetzt haben – ich zitiere –: der Lebensunterhalt jedenfalls gegeben ist, wenn eine kollektivvertraglich entlohnte Beschäftigung oder eine zur Existenzsicherung gedachte gesetzliche Transferleistung vorliegt? – Das haben Sie nicht akzeptiert. Das bedeutet, auch dann, wenn jemand kollektivvertraglich entlohnt ist und eine zur Existenzsicherung gedachte Transferleistung bezieht, kann er abgeschoben werden. Also das ist weder Integration noch Aufenthaltsverfestigung noch sozial noch humanitär. Daher dürfen Sie sich nicht wundern, Herr Kollege Leikam, wenn Herr Bischof Weber in letzter Minute einen Brief schreibt – die Kirche ist nicht irgendeine private Organisation. Die Kirche ist zwar im privaten Raum angesiedelt, und wir treten für die Trennung von Kirche und Staat ein, aber wenn eine moralische Autorität vom Gewicht des Vorsitzenden der Bischofskonferenz in letzter Minute einen Brief an dieses Haus richtet, dann macht sie das nicht zur höheren Ehre der Liberalen oder der Grünen, sondern zur höheren Ehre der Humanität! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wir berufen uns nicht auf ihn, aber ich nenne ihn deswegen als "Zeugen", weil Sie gesagt haben: In letzter Minute sind noch ein paar gekommen! – Sie wundern sich, obwohl kein einziger Punkt aus den Caritas-Vorschlägen berücksichtigt worden ist, daß Herr Bischof Weber noch versucht, die Notbremse zu ziehen? – Also bitte. (Abg. Leikam: Das stimmt ja überhaupt nicht! Mehrere Punkte!)  – Nein, nicht mehrere Punkte, sondern ein einziger Punkt, und dieser einzige Punkt ist, daß Sie jetzt den NGOs erlauben, auf Ersuchen an der Grenze zu beraten. Ich sage


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