Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 53

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Ihnen: Das ist ganz gut, aber was geben Sie damit explizit zu? – Daß Ihre Beamten vor Ort nicht dazu in der Lage sind, zu beraten. Das geben Sie damit zu. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Und warum sind sie nicht in der Lage dazu? (Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Ich möchte nicht den falschen Eindruck erwecken, daß ich meine, das wären unfähige Leute. Aber sie befinden sich in dem Konflikt, daß sie weisungsgemäß versuchen müssen, die Leute hinauszubekommen. Und wenn man in diesem Auftrag dort arbeitet, kann man nicht gleichzeitig jemanden beraten, wie er bestmöglich um Asyl ansucht. Es ist die Anleitungspflicht der Behörde, die Sie damit außer Kraft setzen; diesen Bereich privatisieren Sie. Sie wissen, wir sind sehr für Privatisierung, aber für die Privatisierung des Grundrechtsschutzes sind wir nicht. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) In Asylfragen kommt eine Privatisierung des Grundrechtsschutzes nicht in Frage!

Und wer bezahlt das? – Die NGOs, die Caritas zahlen das selbst, der UNHCR hat bekanntlich ein "überbordendes" Budget. Personal haben sie sowieso "massenhaft", sie können an jedem Grenzpunkt beliebig viele Leute zum 24-Stunden-Dienst setzen; das müssen sie nämlich machen, weil Sie eine 48-Stunden-Frist vorgesehen haben.

Überlegen Sie einmal: Den Abänderungsantrag, der gestellt wurde, nämlich daß sich dann, wenn man eine Berufung ergreifen will, diese 48-Stunden-Frist um fünf Tage verlängern sollte, haben Sie zurückgewiesen und gesagt: Das geht nicht, denn dann nehmen uns die sicheren Drittstaaten die Leute nicht mehr zurück. – Dann verhandeln Sie halt bessere Abkommen mit den sicheren Drittstaaten! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Kollege Leikam schüttelt den Kopf. – Ich verstehe schon, pragmatisch haben Sie recht, natürlich ist es praktisch, denn wenn man nur sechs Tage Zeit hat, muß man halt zusehen, die Leute innerhalb von zwei Tagen wieder wegzuhaben, da müssen sie die anderen nehmen, das ist klar, sparen wir diese blöde Non-refoulement-Prüfung, das ist unangenehm, weil man nicht genau weiß, was die dann machen. Bei den Ungarn ist man gut beraten, skeptisch zu sein, die haben nämlich einen Vorbehalt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. Die Slowakei ist nicht das, was ich mir unter einem sicheren Drittstaat vorstelle, und selbst das von mir sonst sehr geschätzte Slowenien hatte im Jahr 1996 in Asylfragen eine Anerkennungsrate von zwei Personen – glauben Sie mir, es haben mehr angesucht. Slowenien ist also kein sicherer Drittstaat.

Herr Kollege Leikam – den Kollegen Kiss frage ich das prophylaktisch –, ich frage Sie, ob es Ihnen wirklich gefallen kann, wenn Bischof Weber einen derartigen Brief schreibt, wenn sich die Caritas verspottet fühlt. – Ich glaube es nicht. Sie werden hier herausgehen und sagen, das stimme alles nicht, das sei die typische Wehleidigkeit der Liberalen, weil sie nicht im Ausschuß waren, und so weiter. Das werden Sie alles sagen, aber Ihre moralische Verpflichtung werden Sie damit nicht loswerden.

Wenn Sie ein Gewissen haben, dann appelliere ich an dieses Gewissen; machen Sie Gebrauch davon! Sie haben ein freies Mandat. Noch ist es nicht zu spät. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Kier hat zwei Abänderungsanträge, einen zum Asylgesetz und einen zum Fremdengesetz, eingebracht, sie sind ausreichend unterstützt. Beide Anträge sind relativ umfangreich, Dr. Kier hat sie in den Kernpunkten vorgetragen. Ich habe daher im Sinne des § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung die Vervielfältigung und Verteilung der Anträge veranlaßt. Beide Anträge werden in die Verhandlungen miteinbezogen.

Die Anträge haben folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kier, Partnerinnen und Partner auf Abänderung der Regierungsvorlage (685 d. B.) in Fassung des Ausschußberichtes (755 d. B.) betreffend Bundesgesetz über die


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