Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 62

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daß man sie quasi jenen potentiellen und künftigen Zuwanderinnen und Zuwanderern gegenüber bevorzugt, die sich eben noch nicht in Österreich befinden, sondern außerhalb. Das ist selbstverständlich. Aber, Herr Bundesminister, wenn man diesen Slogan in die Öffentlichkeit bringt, ihn geradezu "predigt" – ohne das im religiösen Sinn zu meinen –, dann müßte das von Maßnahmen innerhalb der Bundesregierung, innerhalb der Verwaltung begleitet sein, die dem auch gerecht werden.

Was bedeutet es, Integration von Menschen, die schon hier leben, zu fördern? – Herr Bundesminister! Das kann doch zweifelsohne nur heißen, daß man Möglichkeiten bietet, die Unterschiede zu beseitigen, die es sowohl auf der rechtlichen als auch auf der sozialen Ebene zwischen österreichischen Staatsbürgern und noch nicht österreichischen Staatsbürgern, aber Bewohnern dieses Landes gibt, daß man versucht, diese Unterschiede abzubauen, wo es nur geht, daß man versucht, sie so gering wie möglich zu machen. Das ist Integration! Das ist Integration in dem Sinn, wie sie weltweit verstanden wird, daß man nämlich für jene Bevölkerungsgruppen, die den Zugang zu bestimmten Sozialleistungen des Staates am dringendsten brauchen, die die Sozialleistungen am dringendsten notwendig haben, den Zugang erleichtert.

Integration im Wien von heute, wo es einen hohen Bevölkerungsanteil von Menschen gibt, die keinen österreichischen Reisepaß haben – das stellt ja niemand in Frage –, müßte bedeuten, eine Öffnung des kommunalen und sozialen Wohnbaus für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger herbeizuführen. Das wäre eine Integrationsmaßnahme, die, hätten Sie sie gesetzt im Rahmen dieses Integrationspaketes, bewirken würde, daß das Integrationspaket diesem Namen auch gerecht würde. (Beifall bei den Grünen.)

Aber, Herr Bundesminister und auch Frau Bundesministerin – Entschuldigung, ich habe Sie vorhin nicht begrüßt –, diese Maßnahmen fehlen. Nicht einmal so kleine Dinge wie etwa das passive Wahlrecht zum Betriebsrat sind in dem sogenannten Integrationspaket enthalten – Karl Öllinger wird auf diese arbeitsverfassungsrechtlichen Fragen noch eingehen –, nicht einmal diese winzige Kleinigkeit ist aufgenommen worden, obwohl es das in allen EU-Staaten schon gibt. Überall kann ein ausländischer Arbeitnehmer, eine ausländische Arbeitnehmerin Betriebsrat werden – nur in Österreich nicht!

Herr Bundesminister! Sprechen Sie nicht von Integration vor Neuzuzug, sprechen Sie nicht von Integrationsmaßnahmen, wenn selbst diese Kleinigkeiten hier nicht enthalten sind! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Ich könnte aber auch noch ein drittes Beispiel dafür nennen, worum es in diesem jahrelangen Diskussionsprozeß ging. Ich habe es schon in der Einwendungsdebatte gesagt: Seit 1993 wird ja von diesem Paket geredet. Minister Löschnak mußte seinen Hut nehmen aufgrund seiner schwachen Darbietung auf diesem Gebiet und aufgrund des Drucks der Öffentlichkeit, Herr Minister Einem ist von seinem Posten abberufen worden, weil er sich nicht durchgesetzt hat. Immer ging es um Integration. (Abg. Leikam: Was Sie alles wissen!) Aber wo ist denn die Diskussion um eine Änderung des Staatsbürgerschaftswesens in Österreich? Wo sind denn Maßnahmen, die tatsächlich für die bereits im Lande befindlichen ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger eine Hilfestellung in ihrem Integrationsprozeß bieten? Wo sind sie? – Sie fehlen! Sie sind hier nicht enthalten!

Abgesehen vom gesamten legistischen Umfeld empört mich die Art und Weise, wie man mit der Menschenrechtsbewegung – ich fasse das jetzt mit diesem Begriff zusammen – umgeht, wenn der neue Herr Ausschußvorsitzende, Kollege Leikam, hergeht und sagt: In letzter Sekunde erlauben sich die – wie er es genannt hat – privaten NGOs noch, hier Einwände zu formulieren.

Lieber Kollege Leikam! Ich bin eine katholische Österreicherin, so wie viele andere auch, und meine: Wenn es sich der Bischof von Graz erlaubt, an alle Klubobleute – nicht nur an unsere Klubobfrau – einen Brief zu richten, in dem er seine Bedenken und – wie er es nennt – seine Besorgnis und sein Entsetzen zum Ausdruck bringt, dann erwarte ich von Ihnen, daß Sie zumindest – wenn Sie sie schon nicht "SOS-Mitmensch", wenn Sie sie nicht amnesty international, wenn Sie sie nicht der, im übrigen nicht privaten, NGO UNHCR entgegenbringen –


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