Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 99

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Da der Mißbrauch von Frauen und Kindern ein so großes Ausmaß erreicht hat, sollte er unserer Meinung nach als Asylgrund festgeschrieben werden. Dies ist auch Gegenstand des Abänderungsantrages, den wir eingebracht haben und den Kollegin Stoisits bereits in ihren Ausführungen angeführt hat. Dieser Abänderungsantrag bringt klar zum Ausdruck, daß in § 6a eingeschoben werden sollte, daß es Asylgründe gibt, die offensichtlich begründet sind und die genau die Bereiche betreffen, in denen Frauen in diesem Maße verfolgt sind und die bisher keine Berücksichtigung gefunden haben.

Um das zu untermauern, möchte ich Ihnen zwei aktuelle Beispiele in Erinnerung rufen, die Sie vermutlich alle zu Gesicht bekommen haben, weil es sich um eine Aussendung von Amnesty International handelt. Es sind dies zwei von vielen Beispielen für Bescheide, mit denen das Asyl verwehrt worden ist und die haarsträubend sind. Diese Bescheide zeigen auf, warum die Beachtung des genannten Tatbestandes so wichtig ist und einer besonderen Behandlung bedarf.

Es geht wieder einmal um die Situation in Afghanistan und um Asylanträge von Asylwerberinnen aus Afghanistan. Im einen Fall wurde einer Frau, die um Asyl angesucht hatte, weil sie in Afghanistan als Frau verfolgt wird, geantwortet, daß es zwar möglich sei, daß es zu Härtefällen komme, doch dabei nicht übersehen werden dürfe, daß ein erheblicher Teil der Weltbevölkerung nach islamischen Verhaltensmustern lebe und diese auch in Afghanistan in der Vergangenheit lange vorgeherrscht hätten. Weiters wird ausgeführt, daß es infolge des Regimewechsels in Afghanistan nunmehr zu entsprechenden Verhaltensmustern gekommen sei und daher dieser Fall von Verfolgung nicht aus den in der Konvention genannten Gründen abgeleitet werden könne. Die Frau möge sich an diese Regeln halten, dann werde sie auch nicht weiter verfolgt werden. Wortwörtlich heißt es: Halten sich Frauen an diese Vorgaben, sind sie jedenfalls keinen Gefahren ausgesetzt, die über das Maß der Gefährdung hinausgehen, denen Frauen in Afghanistan im allgemeinen ausgesetzt sind. Sehr zynisch wird damit gesagt: Ordnet euch diesen Kleidervorschriften unter, dann wird schon nichts passieren und gibt es keine persönliche Verfolgung.

Aber es geht dabei nicht nur um Kleidervorschriften, sondern es geht, wie wir wissen, gezielt um die Verfolgung von Frauen, die im Beruf gestanden und gezwungen sind, ihre Familien zu erhalten. Denn man muß die Situation in Afghanistan berücksichtigen: Sehr viele Männer wurden getötet oder sind gefallen, wurden verschleppt oder werden vermißt, und die Frauen müssen die Familien erhalten; sie können das aber in der gegenwärtigen politischen Situation nicht tun. Ich erachte es als völlig zynisch, in einen Asylbescheid hineinzuschreiben, daß die Frau sich an die Kleiderordnung halten möge und ihr dann schon nichts passieren werde, und den komplexen und sehr bedeutsamen politischen Zusammenhang völlig außer acht zu lassen. Vielleicht sollte man den Behörden im Innenministerium empfehlen, die aktuelle außenpolitische Berichterstattung in den Tageszeitungen genauer zu verfolgen.

Der zweite dokumentierte Fall entspricht jener Art von Fällen, die ich zuerst aufgezeigt habe: daß Frauen verfolgt werden, weil ihre Ehemänner politisch verfolgt werden. Wenn eine solche Frau in Österreich um Asyl ansucht und dies damit begründet, daß der Ehemann politisch verfolgt und verschleppt worden ist und seit drei Monaten vermißt wird, bekommt sie zur Antwort: Es bestehe kein Anlaß, daß sie verfolgt werde, da es um ihren Mann und nicht um sie gehe.

Auch dabei wird völlig außer acht gelassen, daß es gerade in autoritären Regimes nicht nur üblich, sondern geradezu an der Tagesordnung ist, daß Ehefrauen von verfolgten Männern ebenso verfolgt werden und Mißhandlungen erdulden müssen. Das allein müßte unserer Meinung nach ein Asylgrund sein, neben allen anderen Gründen, die wir angeführt haben. Vor einer Änderung der Gesetze, die Sie heute beschließen werden, wäre meiner Meinung nach insbesondere diese Thematik vorrangig zu beachten gewesen, da 80 Prozent der Flüchtlinge Frauen sind.

Aber auch im zukünftig geltenden Fremdengesetz haben Sie die Situation der Frauen verschlechtert und nicht verbessert. Sie haben sie verschlechtert, weil Sie die Situation, was das


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