Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 98

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An dieser Stelle wollte ich eigentlich die Frau Ministerin auffordern, das Saisonniermodell für ganz Österreich freizugeben. Ich brauche ihr jetzt aber nur dafür zu danken, daß sie das von sich aus tun wird. Es war unverträglich, daß eine Saisonniersverordnung, die in Wien trotz einer schlechteren Situation auf dem Arbeitsmarkt erlassen wurde, in den anderen Bundesländern Österreichs nicht gegolten hat. Ich hoffe, daß das innerhalb der nächsten ein bis zwei Tage positiv geregelt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das heute zu beschließende neue Fremden-, Asyl- und Ausländerbeschäftigungsgesetz ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Diese Gesetze tragen wesentlich zur Rechtssicherheit der Österreicher, aber auch zur Rechtssicherheit der Ausländer bei. Sie werden, wie ich hoffe, in vielen Bereichen unserer Wirtschaft positive Auswirkungen haben und bieten gleichzeitig in vielen Bereichen humanitäre Lösungen an.

Hohes Haus! Deshalb bitte ich Sie, und zwar alle Fraktionen, diesen Gesetzen in ihrer Gesamtheit die Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.05

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kiss hat gesagt, Sie hätten sich im Ausschuß sehr seriös und sehr umfangreich mit der Materie befaßt und darüber diskutiert. Aber eines haben Sie im Ausschuß nicht diskutiert – Sie haben es mit keinem Wort erwähnt, und es findet auch in dem ganzen Integrationspaket keinen Niederschlag –: das Thema Frauen. Es geht um Frauen auf der Flucht, sowohl um die Situation der Frauen im Asylgesetz als auch um die Benachteiligung der Frauen, was das Fremdengesetz betrifft. (Abg. Kiss: Nein, Frau Kollegin, das stimmt nicht! Sie waren nicht dabei! Wir haben darüber geredet!) Wir waren nicht dabei, aber Sie wissen, daß unsere Mitarbeiter an den Ausschußsitzungen teilgenommen haben, und wir wissen daher ganz genau, worüber Sie diskutiert und was Sie gesagt haben. (Abg. Kiss: Ihre Mitarbeiter sind im Stundentakt hinausgegangen, während wir permanent drinnen gesessen sind!)

Sie haben mit keinem Wort die Situation der Frauen erwähnt, obwohl sie 80 Prozent der Flüchtlinge ausmachen. 80 Prozent der Flüchtlinge sind Frauen, und Frauen und Kinder sind auch in diesem Bereich die am meisten Betroffenen. Es geht darum, sich noch einmal anzuschauen, in welchen Bereichen und aus welchen Gründen Frauen verfolgt werden und was dieses Integrationspaket und das Asylgesetz in dieser Hinsicht vorsehen. Unserer Meinung nach ist kaum etwas vorgesehen, was dieser Tatsache Rechnung trägt. Ich möchte Ihnen das deswegen noch einmal in Erinnerung rufen und stellenweise zitieren, weil die Bescheide der Asylbehörden genau diesem Umstand nicht nur in keiner Weise Rechnung tragen, sondern geradezu die Situationen, die Frauen auf der Flucht ertragen müssen, sozusagen verspotten.

Frauen haben Verfolgungen in Kauf zu nehmen, weil sie Normen überschreiten, die speziell für Frauen geschaffen worden sind. Sie werden verfolgt, weil ihre Männer, ihre Brüder oder ihre Väter politisch verfolgt werden. Frauen werden gezielt gefoltert, um Geständnisse zu erpressen, die dazu dienen, Verurteilungen herbeizuführen oder politische Verfolgungen und Folterungen fortsetzen zu können.

Frauen werden aber auch in der Haft und auf der Flucht weiter verfolgt und ausgegrenzt. Sie werden sehr oft vergewaltigt. Oft sind sie hilflos Mechanismen ausgeliefert, die vorgeblich dem Schutz von Frauen dienen, sie aber eigentlich nur ausbeuten. Schließlich ist auf diejenigen Frauen aufmerksam zu machen, deren Motiv für die Flucht genitale Verstümmelungen sind. Das kommt in so hohem Ausmaß vor, daß dieser Umstand in einem Gesetz auch hinreichende Beachtung finden müßte. Aber das ist nicht zur Sprache gekommen und hat keinen Niederschlag gefunden.


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