Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 106

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14.18

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Asylrecht ist ein Bereich, den jeder politisch engagierte Mensch mit Aufmerksamkeit und großem Ernst behandeln muß. Zwischen 1934 und 1945 haben viele Österreicherinnen und Österreicher im Ausland um Asyl angesucht. Heute leben wir in einem sicheren demokratischen Staat, und Menschen aus anderen Teilen der Welt kommen zu uns und suchen hier um Asyl an.

Mit dem neuen Gesetz wird versucht sicherzustellen, daß jeder, der politisch verfolgt wird und mit Folter, Gefängnis oder sogar Tod bedroht ist und in keinen sicheren Drittstaat ausreisen kann, in Österreich tatsächlich Asyl und Schutz findet. Um sicherzugehen, daß niemand unberechtigt abgewiesen wird – das kann eine Frage von Leben und Tod sein –, wurde der Rechtsschutz erweitert und das Verfahren verbessert. Besonders bedeutend scheint mir die Schaffung eines unabhängigen Bundesasylsenates als zweite Instanz zu sein. Dieser Bundesasylsenat soll als gerichtsähnliche Einrichtung dem Verwaltungsgerichtshof vorgeschaltet werden. Die betroffenen Regelungen entsprechen weitgehend den vergleichbaren Bestimmungen über die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern. Ich denke, daß damit in Entscheidungen des Asylrechts ein großes Maß an Unabhängigkeit gewährleistet ist.

Dem Gesetzentwurf wurde von seiten der NGOs und des UNO-Flüchtlingshochkommissars zugebilligt, einen klaren Fortschritt darzustellen und die rechtliche Situation der Asylwerber zu verbessern. Es ist richtig, daß eine Reihe von Wünschen offengeblieben ist, nämlich beim Verfahren an der Grenze, bei den Fristen für die Berufung wegen Abweisung des Asylantrags und bei einigen anderen Fragen.

Was das Problem des Asylantrags an der Grenze betrifft, so handelt es sich auch da um eine Verbesserung gegenüber dem Jetztzustand; vielleicht nicht in einem zufriedenstellenden Maße, aber es ist das doch eine klare Verbesserung. Es wird – sicherlich unter Einbeziehung der NGOs – weiter über dieses Problem nachgedacht werden müssen. Doch konnte jedenfalls bis jetzt niemand eine bessere Lösung, die auch praktikabel gewesen wäre, vorschlagen.

Die Frist von zwei Tagen für die Berufung gegen eine Abweisung des Asylantrages wegen offensichtlicher Unbegründetheit oder Drittstaatssicherheit ist in der Tat sehr kurz. Im Unterausschuß ist auch darüber diskutiert worden, ob es nicht möglich wäre, diese Frist zu verlängern. Die kurzen Fristen, in denen unsere Nachbarstaaten bereit sind, Asylwerber zurückzunehmen, verunmöglichen das. Ich bedauere diesen Umstand, aber vielleicht kann man auf internationaler Ebene zu einer anderen Lösung kommen. Im Augenblick ist das aber leider nicht möglich.

In diesem Zusammenhang einige Worte über unsere Nachbarstaaten und die Frage der sicheren Drittstaaten. Das System des sicheren Drittstaates wird auch vom UNO-Hochkommissar als brauchbare Grundlage für vertragliche Vereinbarungen zwischen den Staaten erachtet. Bei den sicheren Drittstaaten handelt es sich um solche, in denen der Flüchtling bereits Asyl erhalten hat oder um Asyl hätte ansuchen können. Die Drittstaatssicherheit ist regelmäßig dann gegeben, wenn der Staat die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert hat, gesetzlich ein Asylverfahren eingerichtet und darüber hinaus auch die EMRK ratifiziert hat.

Ungarn ist zwar der Genfer Konvention und dem Protokoll 1967 beigetreten, hat dieses aber mit einem außereuropäischen Vorbehalt ratifiziert, das heißt: Nichteuropäische Flüchtlinge können den Schutz der EMRK und auch der UN-Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Bestrafung in Anspruch nehmen. Der UNHCR hat auch mit der ungarischen Regierung ein informelles und nicht schriftlich fixiertes Übereinkommen getroffen, nach dem nichteuropäische Asylsuchende an die Vertretung in Budapest verwiesen werden sollen. Das Problem liegt aber darin, daß es für nichteuropäische Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn kein spezielles nationales Gesetz gibt und daß nicht immer sichergestellt sein kann, daß Anträge auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft auch systematisch weitergeleitet werden.


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