Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 121

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Die frühe Segmentierung der österreichischen Schule schafft nicht nur ein ungerechtes und mit dem Trend zur Fehlentscheidung versehenes Bildungssystem, sie verursacht auch Kosten in Milliardenhöhe, ohne irgend einen zusätzlichen Nutzen zu erzielen. Die unübersichtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern verschärft die Problemlage zusätzlich. ExpertInnen aus dem Verwaltungsbereich schätzen die zusätzlichen Kosten des Nebeneinanders von Hauptschule und drei verschiedenen Formen einer gymnasialen Unterstufe auf mindestens 4 Milliarden Schilling pro Jahr.

Parallel zur Segmentierung in verschiedene Schultypen findet auch die Ausbildung der LehrerInnen in verschiedenen, deutlich voneinander getrennten Systemen statt – ohne daß es dafür eine sachliche Begründung gibt. Mit der Gleichzeitigkeit von Pädagogischen Akademien und der Lehramtsausbildung an Universitäten werden Doppelstrukturen aufrechterhalten, die eine Verdoppelung der Verwaltungskosten miteinschließen. Die daraus resultierenden unterschiedlichen Dienstrechte erschweren zusätzlich und unnötigerweise ein flexibles Reagieren auf eine Veränderung der Schülerströme zwischen Hauptschulen und AHS.

Die Schul- und Bildungspolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte und die beharrliche Verweigerung von Strukturreformen und Modernisierung seitens der Verantwortlichen haben die österreichische Schule in eine prekäre Lage gebracht. Um das alte System aufrechtzuerhalten und die darin eingebaute Kostendynamik zu bewältigen, bedarf es permanenter Einsparungen zu Lasten der pädagogischen Qualität. Gleichzeitig mangelt es an jeglichem finanziellen Spielraum, um den neuen Anforderungen an Bildung und Ausbildung durch innovative Politik und Modernisierung gerecht werden zu können. Neue Lernformen, die Integration neuer Medien in den Unterricht, die Vorbereitung auf die Informations- und Mediengesellschaft der Zukunft, der Ausbau von Institutionen des lebensbegleitenden Lernens als dritte Säule des Bildungssystems, das alles findet in den veralteten Strukturen keinen Platz, und es fehlen die finanziellen Mittel, um Neues zu schaffen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Welche aktuellen Prognosen über die zu erwartenden Kostensteigerungen im Unterrichtsbereich liegen Ihnen vor? Stimmen Sie den zitierten Untersuchungen zu, daß es ohne strukturelle Reformen zu automatischen Kostensteigerungen von jährlich 2 bis 3 Milliarden Schilling kommen wird?

2. Wurden in Ihrem Ministerium bereits konkrete Berechnungen über den zusätzlichen Budgetbedarf bei den Personalkosten für die BundeslehrerInnen bzw. bei den Kostenersätzen für die LandeslehrerInnen bei unveränderten dienstrechtlichen Bestimmungen und stabilen SchülerInnenzahlen durchgeführt?

3. Welche Prognosen über die Entwicklung der SchülerInnenzahlen an österreichischen Schulen und dem damit verbundenen Finanzbedarf liegen Ihnen vor?

4. Aus welchen Gründen wurde die 1995 geplante Erhöhung der Lehrverpflichtung der Bundes- und LandeslehrerInnen um 2 Stunden bei gleichzeitiger Verkürzung der Unterrichtseinheit auf 45 Minuten bis heute nicht umgesetzt?

5. Seit Jahren wird öffentlich über die Notwendigkeit einer Umstellung des Besoldungsschemas der österreichischen LehrerInnen nachgedacht. Welche diesbezüglichen Maßnahmen sollten Ihrer Meinung nach ergriffen werden? Welche diesbezüglichen Maßnahmen haben Sie bereits ergriffen?

6. Warum wurde mit einer Reform des Dienst- und Besoldungsschemas der Bundes- und LandeslehrerInnen noch nicht einmal begonnen?


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