Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 139

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer.

16.15

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Höchtl, du hast bei deinen Ausführungen zum Ethikunterricht zu erwähnen vergessen – vielleicht, weil es relativ schwierig zu erklären ist, warum das eingetreten ist –, daß in Wien im ersten Bezirk und im Bezirk Liesing ein Schulversuch mit Ethikunterricht im Laufen ist, der mit Zustimmung der ÖVP Wien ins Leben gerufen wurde. (Aha-Rufe bei den Freiheitlichen. – Gegenrufe bei der ÖVP.) Das hättest du bei deinen Ausführungen noch dazusagen und erklären sollen, warum die ÖVP in Wien diesen Schulversuchen zugestimmt hat, wodurch der Religionsunterricht torpediert wird. Das hättest du erklären sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum anderen: Es ist richtig, daß unsere Volksschulen sehr gut beurteilt werden, aber irgendwann nach der Volksschule tut sich dann ein Loch auf. Und um dieses Loch geht es hier, um dieses Loch in der österreichischen Bildungspolitik, das dazu führt, daß heute weit mehr als die Hälfte der Studenten ihr Studium nicht abschließt.

Meine Damen und Herren! Darüber müssen wir einmal nachdenken. Und ich glaube, man kann die Schuld dafür nicht den Lehrern zuschieben, und deshalb werden wir uns an der liberalen Lehrerkritik bis hin zur Lehrerhatz auch nicht beteiligen. Es ist vielmehr das Ergebnis einer jahrzehntelangen rot-schwarzen Bildungspolitik, die verantwortlich ist für die jetzige Situation, mit der Lehrer, mit der Schüler und mit der Eltern heute fertig werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Konfrontiert sind alle Beteiligten auch mit dem Versuch dieser 68er Generation, die Gesamtschule durch die Hintertür einzuführen, konfrontiert mit den andauernden Nivellierungsbemühungen, die zum Teil erfolgreich waren, und konfrontiert mit den Ergebnissen falscher Weichenstellungen, zum Beispiel der Abschaffung der Aufnahmsprüfung für die höheren Schulen.

Was war denn das Ergebnis? – Es gab mit der Zeit immer mehr aufgeblähte Klassen in den allgemeinbildenden höheren Schulen und einen immer höheren Lehrerbedarf, während die Klassenschülerzahl in den Hauptschulen zurückgegangen ist und dort immer weniger Schüler immer mehr Lehrern gegenüberstehen. Das führt zu großen Problemen, sodaß viele Lehrer nur mehr sitzen müssen und fürs Sitzen bezahlt werden, ohne daß sie die Möglichkeit haben, überhaupt zu unterrichten.

Dieser falsche Weg hat uns diese Probleme gebracht, vor denen wir heute stehen. Dieser falsche Weg hat die einstmals gute Hauptschule insbesondere in den Ballungszentren zur Restschule degradiert, zur Restschule mit einer Negativauslese, mit der wir heute auch Probleme haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darüber müssen wir jetzt einmal reden. Sie haben doch mit der Einführung der Gesamtschule durch die Hintertür eine Spirale in Gang gesetzt, mit deren Auswirkungen wir heute nicht fertig werden. Es hat Reformen gegen jede pädagogische Vernunft gegeben, vor allem gegen jedes Leistungsprinzip. Es wundert mich, daß Sie nicht für die Einhaltung des Leistungsprinzips auch in der Schule sind, wo Sie es doch im tagtäglichen Leben immer wieder einfordern. Das Leistungsprinzip haben wir in vielen schulischen Fragen aus den Augen verloren.

Viele Reformen der letzten Jahre haben jegliche Leistungsnotwendigkeit außer acht gelassen und dadurch, glaube ich, jenes falsche Bewußtsein entstehen lassen, daß Qualifikation auch ohne Anstrengung, ohne Leistung erreicht werden könne. Und zum Teil trifft dies in der Praxis ja auch zu, wenn man bedenkt, daß bei diversen Konferenzen darüber diskutiert wird, ob man einem Schüler eine Nachprüfung antun kann, ob man ihn durchfallen lassen kann oder ob man befürchten müsse, daß dann die Klassen zusammengelegt werden. Nicht, was er kann, ist das Beurteilungskriterium, sondern: Werden Klassen zusammengelegt, sind damit weitere Lehrerstellen gefährdet? – Das sind jene Kriterien, nach denen heute in den Schulen, bei den


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