Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 212

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offenen Lehrstellen in Österreich sinken, liegen meiner Meinung nach in veralteten Berufsbildern, schlechter Entlohnung, in übertriebenen Schutzbestimmungen und der steuerlichen Belastung der Ausbildungsbetriebe sowie darin, daß eben keine Stipendien für Lehrlinge bezahlt werden. Ein weiterer Grund sind die hohen Insolvenzraten. Selbstverständlich ist eine Imageverbesserung notwendig, aber es genügt natürlich nicht, daß man nur auf Plakaten für "Karriere mit Lehre" wirbt – und es damit bewenden läßt. So einfach darf man es sich nicht machen! Es wird vielmehr eine Aufstockung der finanziellen Mittel notwendig sein, um den Lehrstellenmarkt neu zu beleben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Lehrling in Österreich darf nicht zu einem Jugendlichen zweiter Klasse degradiert und gegenüber Schülern und Studenten eindeutig benachteiligt werden. Zum Erreichen dieser Ziele ist es aber notwendig, die dafür bereitstehenden Mittel zu erhöhen. Die Mittel für die Lehrlingsausbildung müssen aufgestockt werden. Derzeit ist ein Lehrling der öffentlichen Hand 6 000 S wert, während ein AHS-Schüler die öffentlichen Hand 60 000 S im Jahr kostet. Daher muß es wirklich zu einer Unterstützung, ja zu einer Begünstigung von Lehrlingen kommen!

Ebenso verhält es sich mit der kostenlosen Unterbringung in Lehrlingsheimen. Auch da gibt es große Unterschiede. Ist ein Lehrling in einem Industriebetrieb beschäftigt, dann ist dieses Lehrlingsheim vom Dienstgeber zu bezahlen, sonst muß er die Unterbringung selbst bezahlen. Diesbezüglich muß es wirklich gleiche Richtlinien geben!

Wenn ich jetzt in dieser Regierungsvorlage sehe, daß diese eine Senkung des Jugendschutzes auf die Vollendung des 18. Lebensjahres enthält, so kann ich dem natürlich zustimmen. Das ist ein Weg in die richtige Richtung, ebenso wie die Regelung betreffend das Einarbeiten in Verbindung mit Feiertagen, die an jene der Erwachsenen angeglichen wird, sinnvoll ist. Das kann ich nur begrüßen. Ich halte es auch für sinnvoll, daß ein Bäckerlehrling im Sinne seiner Berufsausbildung nunmehr nach Vollendung des 15. Lebensjahres ab 4 Uhr früh im Betrieb beschäftigt werden darf, keine Frage. Es gibt einige sinnvolle Punkte in dieser Vorlage. (Abg. Koppler: Na siehst du!) Aber es sind halt relativ wenige, und diese Regelungen kommen viel zu spät, man hätte schon viel früher reagieren können, Kollege Koppler! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Gaugg: Sie kommen viel zu spät!) Richtig: Sie kommen viel zu spät!

Ich halte auch den gänzlichen Entfall der Krankenversicherungsbeiträge in den ersten drei Jahren für den Dienstgeber und den Entfall der Krankenversicherungsbeiträge für die ersten zwei Lehrjahre für den Lehrling für sinnvoll. Diese Regelung führt uns klar vor Augen, wie "weitblickend" die Bundesregierung stets an die Lehrlingsfrage heranging beziehungsweise herangeht! Erst im Herbst vorigen Jahres wurde beschlossen, daß es eine Verringerung der Krankenversicherungsbeiträge in diesem Bereich geben soll. – Jetzt ist nicht einmal ein halbes Jahr vergangen, und man ändert das schon wieder!

Ich verstehe nicht ganz, Frau Bundesminister, warum jetzt eigentlich der Dienstgeber von Angestellten die Differenz aufbringen und 0,1 Prozent Krankenversicherungsbeiträge im Rahmen des Dienstgeberbeitrags mehr bezahlen muß. Meiner Meinung nach müßte das die öffentliche Hand tun! Ebenso wie die öffentliche Hand bei den Schülern und den Studenten mehr eingreift, müßte sie dies auch bei Lehrlingen tun – und nicht den Dienstgeber dazu verurteilen, der Angestellte beschäftigt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt zu meinem Antrag, der miterledigt werden soll, denn bei der Beschäftigung von Jugendlichen treten ja auch noch andere Probleme auf. Wenn sich zum Beispiel durch die Umstellung der Zeitzählung auf Sommerzeit der Bedarf nach Arbeitsleistung zeitlich verschiebt, man sich aber derzeit gesetzlich nach der astronomischen Zeit richtet, so ist es meiner Meinung nach sinnvoll, daß das geändert wird, denn die Nachtruhe bleibt gleich und die Arbeitszeit bleibt gleich und verändert sich dadurch nicht. Wenn jemand aber in der Früh eine Stunde später mit seiner Arbeit oder mit seiner Ausbildung in einem Gastronomiebetrieb beginnen kann, dann kann er auch eine Stunde später aufhören. Das ist sinnvoll. Dieser Antrag ist schon ein paarmal abgelehnt und vertagt worden. Stimmen Sie doch endlich zu! Denn in einer Zeit, in der die Arbeitszeit immer flexibler wird, wäre das sicherlich sinnvoll!


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