Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 245

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fortschrittlich? – Ich meine, daß Sie in Wirklichkeit kapitulieren, aber das können Sie ja hier nicht sagen! (Abg. Dr. Keppelmüller: Du mußt weiterlesen und darfst nicht nur Halbsätze zitieren!)

Herr Abgeordneter Keppelmüller! Sie können froh sein, daß wir uns im Ausschuß dazu nicht zu Wort gemeldet haben, denn sonst hätten Sie wieder unsere Vorschläge ablehnen müssen. Jetzt müssen Sie aber letztlich auch in der Öffentlichkeit offenbaren, daß Sie, auch wenn Sie allein in den Ausschüssen sind, mit sehr umfangreichen Abänderungsanträgen agieren müssen, weil Sie in Wirklichkeit mit sich selbst nicht einig sind. – Das ist ein Problem, das Sie in dieser ganzen Diskussion haben!

Herr Abgeordneter Khol hat gesagt: Wir haben immer sehr konstruktive Ausschußsitzungen! – Wir konnten Ihnen mit einer Aufzählung all unserer Abänderungsanträge, die die Opposition gesamthaft gemacht hat, beweisen, daß Sie in Wahrheit in den Ausschüssen das Majoritätsprinzip mit der Majoritätsherrschaft verwechseln. Das ist die Art und Weise Ihres Vorgehens. Und es war ein sinnvoller Effekt dieses Boykotts, daß darauf einmal aufmerksam gemacht wurde.

Darüber können Sie im übrigen etwa auch im Buch von Hans Kelsen "Vom Wesen und Wert der Demokratie", Seite 62 und folgende nachlesen. Dort steht, daß solche Maßnahmen dann erlaubt sind, wenn einem die Mehrheit keine andere Chance läßt, um auf gewisse Tatsachen aufmerksam zu machen. Wir haben – wohldosiert – von diesem Mittel Gebrauch gemacht, und das hat Sie, wie Sie selbst wissen, ins Mark getroffen. Der Sozialausschuß ist etwa so abgelaufen, daß die Ausschußsitzung begonnen hat und sich die Abgeordneten dort rauchend aufgehalten haben, während sich die Frau Ministerin und Abgeordneter Stummvoll mit den entsprechenden Beratern in eine Ecke zurückgezogen und die Beratungen fortgeführt haben. Dann haben Sie das beschlossen, was jene sich ausgemacht haben. – Das sind die "konstruktiven" Ausschußverhandlungen dieser großen Koalition! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich will aber nicht verhehlen, daß wir uns über einen Bericht, den es hier mitzuverhandeln gilt, sehr wohl gefreut haben: Der Gewässerschutzbericht 1996 ist, entgegen dem Usus dieser Koalition, tatsächlich aktuell und wird auch aktuell hier im Hause behandelt. Wir haben uns darüber sehr gefreut, daß es sich hiebei um einen sehr gefällig gemachten Bericht mit Farbbildern und – ich möchte fast sagen – Stilleben handelt, in dem es auch um Baggerseen und dergleichen geht. Damit wird belegt, daß in diesem Bereich offenbar doch viel gemacht wird. Es sind sogar Stilleben mit Hausbrunnen abgebildet, und jene Abgeordneten, die wenig Bezug zur Realität haben, können sich in diesem Bericht einmal einen Hausbrunnen anschauen. (Abg. Tichy-Schreder: Ich habe zwei echte Brunnen, keine Hausbrunnen!) Diesem Bericht werden wir unsere Zustimmung geben, weil er aktuell ist, weil er sehr umfassend ist und eine klare Bestandsaufnahme dessen bietet, was in Österreich in diesem Bereich Sache ist.

Meine Damen und Herren! Den beiden anderen Tagesordnungspunkten, die sich auf Entschließungsanträge der Abgeordneten Aumayr beziehen, werden wir nur zum Teil unsere Zustimmung geben, und zwar deshalb, weil man anhand dieser Berichte sieht, daß das, was von der Opposition in Entschließungsanträgen verlangt wird, solange im Ausschuß liegengelassen wird, bis es nicht mehr aktuell ist. Dann lehnt man es ab, wiewohl man in der konkreten Novelle in dieselbe Richtung gehende Änderungen macht.

Sie hätten nämlich den zweiten Entschließungsantrag schon Ende des Jahres 1996 mit in Verhandlung nehmen müssen, wenn es eine konstruktive Ausschußberatung geben hätte sollen. Das haben Sie, wie bei vielen anderen Anträgen auch, verweigert. Ich möchte hier noch einmal unseren Protest gegen diese Art der Mehrheitsherrschaft zum Ausdruck bringen: Wir haben einen Parlamentarismus mit einem Majoritätsprinzip, und Sie haben uns die notwendigen konstruktiven Verhandlungen in den Ausschüssen, seit Sie wieder die Zweidrittelmehrheit haben, in zunehmendem Maße verweigert. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.00


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