Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 51

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geführt wurden und daß es wirklich möglich war, die Argumente der verschiedenen Parteien ausführlichst zu diskutieren. Faktum ist leider aber auch, daß die Argumente und verschiedenen Anträge der drei Oppositionsparteien letztlich keinen oder kaum Niederschlag in der jetzt vorliegenden Gesetzesnovelle gefunden haben. Es ist also einfach unrichtig, wenn hier der Eindruck erweckt wird, daß dann, wenn wir in den letzten zwei Sitzungen von den vielen, die es gegeben hat, noch aktiver als durch die Anwesenheit unserer Experten in den Ausschüssen mitgearbeitet hätten, unsere Vorschläge plötzlich großen Niederschlag gefunden hätten.

Zum Beispiel haben Sie die Anliegen der Grünen, die von Anfang an präsentiert wurden – sei es im Bereich des Betriebsanlagenrechtes, wo unsere Anliegen überhaupt nicht berücksichtigt wurden, aber auch in der klassischen Gewerbeordnung, zum Beispiel bei den Solateuren, auf die ich dann noch genauer eingehe –, schon bei der aktiven Verhandlung, als die Oppositionsparteien dabei waren, letztlich abgeschmettert und nicht berücksichtigt. Insofern ist es von Ihnen ein bißchen unfair, wenn Sie das so darstellen, als wären große Schritte möglich gewesen, wenn wir bis zum Schluß dabeigewesen wären. Sie haben sich eigentlich von Anfang an in der konkreten Umsetzung unserer Anträge nicht wirklich kompromißbereit gezeigt.

Was aber tatsächlich stattgefunden hat, das war eine ausführliche Diskussion, Herr Dr. Heindl. Es gab auch ein angenehmes Klima, und im Vergleich zu vielen anderen Ausschüssen, zum Beispiel zum Umweltausschuß, funktioniert der Wirtschaftsausschuß in dieser Hinsicht zweifellos sehr gut. Ich begrüße es auch sehr, daß wenigstens eine Diskussion möglich ist, auch wenn dann letztlich nichts berücksichtigt wird.

Die Gewerbeordnung besteht aus zwei wichtigen Bereichen, die ich auch in dieser Unterschiedlichkeit hier debattieren möchte: einerseits aus der klassischen Gewerbeordnung und andererseits aus dem ebenso wichtigen Betriebsanlagenrechtsbereich, wo ich eigentlich die noch drastischeren Probleme sehe und wozu ich Ihnen viele Zitate von Experten mitgebracht habe, die Sie vielleicht ernster nehmen als die Einwendungen der Grünen.

Wir waren uns ja im Grunde einig, daß es notwendig gewesen wäre oder notwendig ist, im Bereich der klassischen Gewerbeordnung zu liberalisieren, zu deregulieren. Auch die Grünen haben gemeint, daß es notwendig ist, beim Zugang zum Gewerbe, bei der Gründung von neuen Unternehmen und auch neuen Berufsbildern weit flexibler zu sein und daß gerade die klein- und mittelständischen Unternehmen, die es in Österreich gibt, genau jene Strukturen bräuchten, die vor allem das Zulassen von Neuem leichter machen.

Es ist so typisch, daß in dieser Debatte zur Gewerbeordnung eines wieder offensichtlich wurde: Jene, die sich schon im System befinden, verteidigen ihre wohlerworbenen Rechte mit Zähnen und Klauen. Da wird Druck ausgeübt, und wenn Dr. Heindl sagt, er hat sich im Zusammenhang mit den Öffnungszeiten der Gastgärten nicht vom Druck der Faxe überzeugen lassen, dann muß ich sagen, ich nehme ihm das nicht ab. In anderen Bereichen, sei das bei den Wirtschaftstreuhändern oder bei den Steinmetzen oder wem immer, hat man es natürlich bis in die Ausschüsse hinein unmittelbar gemerkt: Dieser unglaubliche Druck der bestehenden Gewerbe, der bestehenden Zünfte, der bestehenden Interessenvertretungen in der Bundeswirtschaftskammer ist dermaßen stark, daß es tatsächlich – wenn man berücksichtigt, wie starr vor allem die Bundeswirtschaftskammer ist –, überraschend ist, daß sich überhaupt etwas – wenn auch nur im Kleinen – verändert.

Ich beneide den Wirtschaftsminister nicht um seine Funktion, innerhalb eines Apparates, in dem er sich ja auch parteipolitisch befindet, eine Gewerbeordnungsnovelle vorlegen zu müssen, die einerseits dem Wunsch nach Deregulierung und andererseits vor allem diesem unglaublichen Druck von seiten der Zünfte entspricht.

Faktum ist, daß wir in Österreich die unternehmerischen Rahmenbedingungen einfach erleichtern müssen. Österreich hatte im letzten Jahr mit 2,2 Prozent die höchste Insolvenzquote in Europa und gleichzeitig die wenigsten Neugründungen innerhalb der Europäischen Union. Diese Zahlen machen es notwendig, gerade neue Berufsbilder zu unterstützen und nicht so wie bisher durch unglaubliche Reglementierungen letztlich das unternehmerische Tätigsein zu


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