Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 55

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würde nach dem neuen Gewerberecht leider als Gesamtanlage gesehen werden, und über die einzelnen Anlagen müßte gar nicht mehr extra im bisherigen Ausmaß verhandelt werden. Das ist eine Katastrophe! Sie werden dort Proteste erleben, Sie werden dort Demonstrationen erleben, Sie werden Besetzungen erleben, was alles viel teurer kommen und wieder eine Kluft in der Bevölkerung zwischen Projektbetreibern und Anrainern aufreißen wird, die nicht notwendig ist.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der es möglich sein muß, daß sich die Leute an einen Tisch setzen und verhandeln und in einem Verfahren schauen, daß man ein gutes Projekt zustande bringt. Es geht uns nicht ums Verhindern! Es geht um gute Projekte, bei denen Umwelt und Nachbarinteressen berücksichtigt werden. Aber was Sie hier machen, das ist die Aufgabe dieses Prinzips. (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme zum zweiten Bereich der Gewerbeordnung, nämlich dem klassischen "Zunftbereich", wo sich die Deregulierer nicht mehr so durchgesetzt haben wie beim Betriebsanlagenrecht.

Wir haben hier bei der Verhandlung der Gewerbeordnung die tollsten Skurrilitäten erlebt. Ich habe das zum Teil sehr genossen. Es ist ja wirklich unglaublich, worum es da in den Bestimmungen der Gewerbeordnung geht: Was darf nun konkret eine Tankstelle verkaufen –zuckerfreien Kaugummi, ja oder nein? Wer darf jetzt Ohrläppchen stechen und wer nicht? Und ein großer Streit in der Bundeswirtschaftskammer war: Dürfen die Fleischhauer Fischsalat verkaufen oder nicht? Das hat dort offensichtlich über Monate die Diskussion bestimmt. Da gibt es sogar einen Bericht, der an uns geschickt wurde, eine Protestresolution eines Bereiches in der Bundeswirtschaftskammer – es handelte sich um eine Minderheitsmeinung –, der dagegen protestiert, daß jetzt auch ein Fleischhauer Fischsalat verkaufen darf. Das ist ja völlig absurd!

In diesem Rahmen haben wir diese Gewerbeordnung verhandeln müssen. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) – Ich werde mich noch einmal melden, um die entsprechenden Anträge im Bereich des Umweltschutzes in der klassischen Gewerbeordnung, betreffend die Solateure, einzubringen.

Wir haben versucht, vor allem eines zu regulieren, nämlich daß neue Berufsbilder in dieser Gewerbeordnung gut möglich sind, daß es Erleichterungen für die Zulassung neuer Berufe gibt.

Herr Präsident! Ich werde das in einer weiteren Wortmeldung noch im Detail ausführen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.32

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere es, Frau Kollegin Langthaler, daß Sie gerade mit dem Betriebsanlagenrecht begonnen haben und mein Kollege Kopf, der Ihnen auf Ihre Fragen antworten wird, erst viel später drankommt, und daß Sie das Berufsrecht erst später behandeln.

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß wir nach langen schwierigen Verhandlungen diese Gewerbeordnung verabschiedet haben. Ich kann auch einzelne Vorstellungen der Oppositionsparteien verstehen. Ich kann sie insofern verstehen, als sie teilweise komplett konträr sind. Die Liberalen wünschen auf der einen Seite eine völlige Deregulierung für alle Bereiche, wollen aber auf der anderen Seite mit einer Verfassungsbestimmung festgehalten haben, daß jeder Gewerbebetrieb unbedingt eine Haftpflichtversicherung in einer gewissen Höhe abschließen muß. – Wenn ich nur daran denke, wie viele Zuschriften wir von Versicherungsmaklern bekommen haben, was die Haftpflichtsummen betrifft, dann kann ich mir vorstellen, welche Zuschriften wir bekommen, wenn wir dem nähertreten, was die Liberalen hier vorgeschlagen haben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. ) Aber ich gratuliere Ihnen, daß Sie eine komplett neue Gewerbeordnung aufgestellt haben, Herr Abgeordneter Peter!


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