Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 61

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Ich betrachte es als wichtig, daß auch im Bereich der Wirtschaftsprüfer, in dem es immer wieder Mindesthonorarordnungen gibt, Wettbewerb eingeführt wird. Aber es ist auch notwendig, das Buchhaltergewerbe so zu regeln, daß nicht nur minderqualifizierte Tätigkeiten im Buchhaltungsbereich durchgeführt werden können, sondern daß man letzten Endes bis zur Bilanzierung kommen kann. Alles andere würde keinen Sinn ergeben und wäre für bestimmte Betriebe nur eine Möglichkeit, Outsourcing-Maßnahmen zu betreiben. Das würde also, wenn die Bilanzierung nicht auch dabei ist, keinen Sinn ergeben.

Die Arbeitnehmerfragen sind einigermaßen zufriedenstellend gelöst. Die Frage der Anwendung der richtigen Kollektivverträge scheint befriedigend gelöst zu sein. Sollten sich in der Praxis Probleme ergeben, müßte eine neuerliche Novellierung in Erwägung gezogen werden.

Auch die Frage des Filialgeschäftsführers ist entsprechend gelöst. Es muß doch der Grundsatz gelten, daß niemand als gewerberechtlicher Geschäftsführer haften soll, der praktisch nicht dazu in der Lage ist. Daher ist diese Lösung mit dem Filialgeschäftsführer vernünftig, weil dann eben nur solche Leute haften können, die aufgrund ihrer Stellung, ihrer Verantwortung im Betrieb auch praktisch Verantwortung übernehmen können.

Herr Minister! Für mich ist es ganz wichtig, daß klar ist, daß es eine vernünftige Abgrenzung von selbständiger und unselbständiger Tätigkeit geben muß. Das ist nicht, wie Abgeordneter Haigermoser in einer Ausschußsitzung einmal gemeint hat, ein Kampf der Kammern um Mitglieder, sondern wir wollen, daß es nicht über die Hintertür Sozialabbau gibt, daß es nicht durch Outsourcing Sozialabbau gibt, auch nicht dadurch, daß Leute, die in Wahrheit nicht selbständig tätig sind, in eine unfreiwillige Selbständigkeit abgedrängt werden, damit ihre Arbeitgeber sich nicht an Urlaubs- und Kündigungsbestimmungen, aber auch nicht andere Sozialleistungsbestimmungen sowie an Regelungen hinsichtlich des Lohns, an den Kollektivvertrag, halten müssen.

Die größte Gefahrenquelle sehe ich da schon beim Teilgewerbe. Herr Minister! Sie werden ja gemeinsam mit der Sozialministerin eine Verordnung erlassen, in der die Teilgewerbe geregelt werden sollen, und ich glaube, daß man da am Beginn sehr vorsichtig sein muß. Teilgewerbe sollte man eigentlich nur dann erlauben, wenn typischerweise an den Endverbraucher geliefert oder geleistet wird. Beispiele dafür sind: der Fahrradmechaniker, die Änderungsschneiderei, die Instandhaltung von Schuhen et cetera. Wenn aber primär die Möglichkeit besteht, aus der Kette eines Produktionsprozesses einen Teilbereich auszugliedern und dann wieder nicht an den Endverbraucher zu liefern oder zu leisten, sondern innerhalb eines Unternehmensbereiches weiterzuproduzieren, dann sollte man diese Teilgewerbe in dieser ersten Phase nicht zulassen. Ich nenne zum Beispiel das Versetzen von Fenstern und Türen, das primär natürlich bei Neubaustellen innerhalb eines Produktionsprozesses passiert. Da sollte man die Möglichkeit des Teilgewerbes nicht anwenden.

Ich sage es noch einmal: Man sollte das Teilgewerbe nur dann ermöglichen, wenn tatsächlich an den Letztverbraucher geliefert oder geleistet wird.

Wir wollen keine Gesellschaft – manche träumen allerdings davon –, in der es ein Drittel Selbständige, aber davon wieder die Hälfte unfreiwillig Selbständige, ein Drittel Arbeitnehmer und ein Drittel Projektarbeiter gibt – ich habe das bei einem Vortrag einmal gehört –, wobei die Projektarbeiter in Wirklichkeit die Taglöhner des dritten Jahrtausends sind. In eine solche Gesellschaft wollen wir nicht stolpern.

Ich kann zum Schluß nur den Nobelpreisträger Lester Thurow zitieren, der den amerikanischen Arbeitsmarkt beschrieben hat. In seiner Beschreibung sagt er, daß es bereits 8 Millionen Menschen in der US-Wirtschaft gibt, die inzwischen als selbständige Unternehmer oder Berater arbeiten, daß aber die meisten dieser 8 Millionen froh wären, einen richtigen Arbeitsplatz mit normalem Lohn und normalen Zusatzleistungen, wie Pensionsanspruch, Krankenversicherung et cetera, zu finden.

Also: Selbständigkeit ja, aber nur dann, wenn es sich wirklich um Selbständigkeit handelt, aber nein zum Hinausdrängen von unselbständig Erwerbstätigen in eine Quasi-Selbständigkeit, um


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