Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 64

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Daher ist es sinnvoll, daß diese Änderung in die Gewerbeordnung aufgenommen wird. Die Motivation war aber wohl eher jene, daß man nach der "Sandstrahl-Entscheidung" des OGH gefürchtet hat, daß es zu gerichtlichen Sanierungsaufträgen kommen wird und daß dann in der Folge wahrscheinlich auch irgendwo noch Amtshaftungsklagen schlagend werden. Weil man diese Motivation hatte, ist auch zu sehen: Es ist nicht der offenere Zugang, sondern es war nur der tatsächliche Druck, der sich aufgrund der Rechtsprechung ergeben hat, der Sie veranlaßt hat, hier eine Änderung nur im notwendigsten Maße vorzunehmen. Man muß im § 79a auch noch die weiteren Absätze lesen, um zu sehen, wie eingeschränkt die Stellung der Nachbarn ist. – Also: Nicht offenerer Zugang, sondern nur der Druck der Verhältnisse durch die bereits bestehende Judikatur des Obersten Gerichtshofes war für diese Änderung ausschlaggebend.

Der zweite Punkt, meine Damen und Herren, den ich herausgreifen möchte und den ich als Umweltsprecher der Liberalen als positiv beurteile, ist der, daß man nach § 82b Abs. 5 in Zukunft bei den dauernden Überprüfungen auch jene Umwelt-Betriebsprüfungen nach der EMAS-Verordnung berücksichtigen kann, die entsprechend ausgeführt werden. Das ist sinnvoll, entspricht aber wohl nur einer inneren Logik, denn auch bisher war es so, daß diese wiederkehrenden Prüfungen von Ziviltechnikern vorgenommen werden konnten, ja sogar von geeigneten und fachkundigen Betriebsangehörigen. Es ist daher nur systematisch logisch, daß, wenn jetzt eine Umwelt-Betriebsprüfung ansteht, diese auch in dieses System miteinbezogen wird, denn damit wird natürlich ein Anreiz geschaffen, daß von Betrieben vermehrt und freiwillig ein Umweltmanagement durchgeführt wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber auch da ist es bloß eine zwingende gesetzliche Logik gewesen, das auf diesen Bereich auszuweiten; und das war, wie Sie wissen, die Übernahme einer Richtlinie der Europäischen Union, die dazu geführt hat, daß wir dieses Umweltmanagement in Österreich haben. Auch da ist nicht der Ausdruck eines neuen Umweltverständnisses zu sehen, das diese inhaltliche Änderung bedingt hätte, sondern innere Zwänge waren der Grund dafür, daß die Koalition das gemacht hat. Aber nichtsdestoweniger gibt es unserer Auffassung nach positive Auswirkungen.

Wenn man in den Bestimmungen weiterschaut – und jetzt komme ich zum vereinfachten Verfahren nach § 359b –, kommt man nicht umhin zu diagnostizieren, daß der Umweltschutz unter die Räder kommt und daß Nachbarn in der Wahrnehmung ihrer Rechte – indem sie sich verteidigen oder wehren, wenn sie beeinträchtigt werden – primär nur als querulatorische Individuen angesehen werden; als solche, die die Wirtschaft behindern, die am besten "weggehören".

Sie entkleiden in zunehmendem Maße das Verwaltungsverfahren seiner interessenausgleichenden Wirkung. Und weil das so ist, wird diese Novelle der Gewerbeordnung nicht dazu führen, daß die Konflikte weniger oder die Verfahren kürzer werden, sondern Sie werden sie einfach auf andere Ebenen verschieben. Das halten wir nicht für sinnvoll.

Denn wenn Sie schon ein vereinfachtes Verfahren festschreiben und den Anrainern, den Nachbarn, bei Betriebsanlagen, die mit einer Betriebsfläche von bis zu 1 000 Quadratmetern verbunden sind, nur noch ein Anhörungsrecht geben – und Sie haben damit die bestehende Bestimmung in ihrer Anwendung von 300 Quadratmetern auf 1 000 Quadratmeter ausgeweitet –, wenn Sie also so vorgehen, dann heißt das, daß all jene Personen, die ab jetzt neuerlich unter diese Bestimmung fallen – und es ist eine eklatante Ausweitung –, ihrer Parteienrechte entkleidet werden und sie nur noch Anhörungsrechte haben. Diese müssen sich darauf verlassen, daß quasi in einem Ein-Parteien-Verfahren – derjenige, der etwas von der Behörde haben möchte, ist Partei – der Nachbar sagen darf: Bitte, da sind aber meine Rechte irgendwie nicht berücksichtigt!; und dann: Schmeck’s!, ob die Behörde den Einspruch in ihrem Bescheid berücksichtigt oder nicht. Dagegen kann er nichts tun.

Das ist kein Interessenausgleich, der in einem Verwaltungsverfahren enthalten sein sollte, sondern das ist ein Überfahren der Nachbarn in vielen Bereichen. Es kann doch nicht so sein, daß die Fläche – das Ausmaß der Fläche – das entscheidende Kriterium dafür ist, ob ein Nachbar Partei ist und damit seine Bedenken einbringen kann oder nicht, sondern was wohl ausschlaggebend sein muß, ist, ob ein Betrieb gefährlich ist. Das ist doch ein sachliches Kriterium!


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite