Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 70

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

daß Entschließungen des Hohen Hauses bei Regierungsmitgliedern, leider auch beim Wirtschaftsminister, keinen hohen Stellenwert haben.

Herr Bundesminister! Ich erinnere Sie aber trotzdem daran, daß bei der Gewerbeordnungsnovelle 1992 folgende einstimmige Entschließung verabschiedet wurde: Die Bundesregierung wird ersucht, mit den Bundesländern mit dem Ziel, in Gespräche einzutreten, einheitliche gesetzliche Regelungen für den Tierschutz – einheitliche gesetzliche Regelungen für den Tierschutz! – und eine artgerechte Tierhaltung bei einer gleichzeitigen Ablehnung der Massentierhaltung festzulegen. – Die ÖVP ist damals mitgegangen. – Dabei sind die höheren Kosten einer artgerechten Tierhaltung zu berücksichtigen.

Eine bescheidene Frage: Hat sich der Ministerrat mit dieser einstimmigen Entschließung des Hohen Hauses – Gewerbeordnungsnovelle 1992 – je ernsthaft befaßt? (Abg. Dr. Fekter: Da war er noch nicht Minister!) In der Öffentlichkeit war jedenfalls nichts davon zu hören. Vielleicht können Sie dazu einmal Stellung nehmen, denn das wäre gerade nach dem Tierschutzvolksbegehren ein Anliegen vieler Österreicherinnen und Österreicher und – im Lichte der Entschließung des Hohen Hauses – meiner Meinung nach ein Gebot des Anstandes und der Rechtsstaatlichkeit.

Meine Damen und Herren! Solange Anlagen mit Massentierhaltung immer noch privilegiert sind – wie gesagt: wenn sie in der Grundlagenproduktion bleiben, haben sie nicht jene Einschränkungen, die ein kleiner Käsereibetrieb hat –, so lange nehmen Sie auch schwerwiegende Gesundheitsschädigungen der Anrainerinnen und Anrainer bewußt in Kauf. Für diese gibt es nämlich kein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren. Es gibt auch keinen Schutz der Gesundheit, obwohl mittlerweile durch seriöse, offizielle medizinische Gutachten festgehalten ist, daß rund um diese Massentierhaltungsanlagen das Krankheitsrisiko – besonders für Kinder, und für diese vor allem das Risiko, Erkrankungen der Atemwege und der Lunge zu erleiden – dramatisch ansteigt. Es geht dabei um aggressive Stäube und Ammoniakdämpfe. Es ist statistisch nachweisbar, daß Menschen dadurch krank werden.

Aber wozu brauchen wir eine Betriebsanlagengenehmigung? Es geht ja auch anders. In den Kinderbüchern druckt man dann den guten alten Bauernhof von anno dazumal mit zwei, drei Kühen, einem Pferd, ein paar Henderln und einem Haushofhund ab. Dieses Bild entspricht jedoch überhaupt nicht der Realität der leider zu Lasten der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe und der KonsumentInnen fortschreitenden Massentierhaltung. (Beifall bei den Grünen.)

Aber Sie erleben ja genauso wie wir die Proteste von Anrainern aus Lichtenwörth, aus Gnas und aus vielen anderen österreichischen Orten, wo die Menschen einerseits die Quälereien von Tieren nicht mehr akzeptieren wollen und andererseits aber auch die Beeinträchtigung der eigenen Gesundheit nicht hinnehmen können.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Sie werden einen sehr hohen Erklärungsbedarf haben, warum Ihnen nicht nur der einheitliche Tierschutz in Österreich kein Anliegen ist, sondern auch, warum Sie mittlerweile so weit gehen, daß Sie die Gesundheit von Menschen aufs Spiel setzen. (Abg. Dr. Fekter: Uns ist Kinderschutz wichtiger als Tierschutz!)

Frau Abgeordnete Fekter! Sie hätten Gelegenheit genug, Kinder davor zu bewahren, krank zu werden. Da könnten Sie im Sinne der Prävention tätig werden! Aber offenbar paßt das manchen Lobbyinteressen der Herren des Raiffeisen-Verbandes nicht, und in einer derartigen Konstellation ist Ihre Abwägung immer sehr klar. (Abg. Dr. Fekter: Warum reden Sie zehnmal mehr über Kinderschutz als über Tierschutz?) Wenn auf der einen Seite die Interessen des Raiffeisen-Verbandes stehen und auf der anderen Seite die Hunderttausender Österreicherinnen und Österreichern, dann fällt Ihre Entscheidung immer zugunsten des Raiffeisen-Verbandes und gegen die Bevölkerung aus! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier. )

Noch ein Wort zu den "Verhinderern", die Herr Abgeordneter Schwarzböck angesprochen hat, die, wie etwa Herr Abgeordneter Barmüller oder Frau Abgeordnete Langthaler, behaupten, der Rechtsstaat fordere eine Chancengleichheit im Verfahren und verlange verbriefte Mitspracherechte für Anrainerinnen und Anrainer: Es ist kein rechtsstaatliches Verfahren, eine rechtlich


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite