Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 84

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Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

13.35

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Ich bin auch überrascht über die Ausführungen, die Herr Kollege Öllinger hier gemacht hat. Bezüglich der ersatzlosen Streichung der Entlassungstatbestände möchte ich sagen, daß da sehr wohl auch ein für mich berechtigter Entlassungsgrund, nämlich jener des übermäßigen Alkoholgebrauchs, normiert ist. Jetzt weiß ich schon, die Arbeitsverfassung hat das auch vorgesehen. Daher bin ich der Auffassung, daß wir das diskutieren sollten. Einen Entschließungsantrag, der mir erst jetzt zur Kenntnis gebracht wurde, ohne im Detail prüfen zu können, ob ich ihn auch mittragen kann, möchte ich vorweg nicht unterstützen. Aber in diesem Punkt wird man die tatsächlich geltende Rechtslage im Verhältnis zum Arbeitsverfassungsgesetz sicherlich prüfen müssen.

Nun zur Gewerbeordnung. Faire Wettbewerbsbedingungen, erleichterte Zugangsvoraussetzungen, Absicherung der Lehrlingsausbildung durch Qualifikation der Lehrherren, Entbürokratisierung und Deregulierung im Anlagenrecht – das waren die Ziele dieser Novelle. Zwei große Bereiche umfaßt sie, nämlich das Berufszugangsrecht und das Anlagenrecht. Dem Gebot der Liberalisierung, denn die Liberalisierung war es ja, die zu dieser Novelle geführt hat, dem Druck, hier eine Änderung herbeizuführen, ist man nachgekommen durch Ausweitung der Befugnisse, Vereinigung verwandter Berufe, Aufhebung der Standortbindung, Erleichterung der Übernahme von Gesamtaufträgen, die Möglichkeit der fachübergreifenden Leistungen, gewerbliche Geschäftsführer auch für Einzelunternehmer unter dem Schlagwort "Supplierung" und die Schaffung von Teilgewerben.

Das Herzstück der Novelle ist aber für mich § 30: fachübergreifende Leistungen. Damit sind erstmals die bisher sehr strengen Grenzen der Gewerbeberechtigungen geöffnet worden, und Gewerbescheininhaber dürfen in Zukunft Leistungen auch aus anderen Gewerben erbringen, wenn dies die eigene Berechtigung sinnvoll ergänzt. Die Unternehmen bekommen damit praxisnahe Freiheit und Flexibilität (Beifall bei der ÖVP) und können sich auf dem Markt so bewegen, wie es der Markt erfordert, und sind nicht eingeengt auf die engen Grenzen einer Gewerbeberechtigung, sondern agieren marktkonform. Das ist aus meiner Sicht eine der gravierendsten Änderungen in diesem Gesetz, weil wir damit die statischen Grenzen von Gewerbeberechtigungen erstmals verlassen.

Für einfache Tätigkeiten und Teilgewerbe wird in Hinkunft die Lehrabschlußprüfung genügen, um sich selbständig zu machen. Die Berufsrechtsnovelle war getragen von der Zielsetzung: erleichterter Zugang unter Aufrechterhaltung des in Österreich hervorragenden Qualifikationsniveaus. Herr Kollege Peter! Wenn ich an das Qualifikationsniveau in Österreich denke, muß ich Ihrem Modell, wonach jeder alles kann – so nach dem Motto, wie in Ihrer Vorlage ausgeführt: Hausfrauen können auch Torten backen, also warum können sie nicht automatisch Konditor sein? –, eine klare Absage erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin für die Beibehaltung des Befähigungsnachweises, Herr Kollege Peter, und für die Ablegung der Unternehmerprüfung. Die großzügige Anrechnung von Vorqualifikationen aus schulischer und universitärer Ausbildung dient dem Prinzip des erleichterten Zugangs, aber die Qualifikation der Lehrherren ist das wesentliche Element der Lehrlingsausbildung (Abg. Mag. Peter: Das habe ich nie bestritten!), und das kann man nicht fallenlassen, Herr Kollege Peter, denn damit würden wir unser duales Ausbildungssystem aufgeben! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Die Novelle versucht, im Anlagenrecht die überbordende Bürokratie zu mildern; Kollege Kopf hat das bereits ausgeführt. Ich bringe Ihnen ein Beispiel, meine sehr verehrten Damen und Herren: Ein renommierter Betrieb in Oberösterreich hat, durch alle Instanzen kämpfend, nach mühsamem Kampf gegen Anrainerbeschwerden und Beibringung von Gutachten endlich nach fünfeinhalb Jahren alle positiven Bescheide erwirkt. Nur: Dann hat er sie nicht mehr gebraucht, weil er schon seit drei Jahren 60 Kilometer nördlich, nämlich in der Tschechei, produziert hat.


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