Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 83

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behaftet ist, beispielsweise äußerlich entstellt ist oder eine andere abschreckende Krankheit hat. Mit Verlaub, das halte ich für ein modernes Arbeitsrecht für so überflüssig wie nur etwas!

Es gibt noch andere Tatbestände in der Gewerbeordnung, die mit der Entlassung bedroht sind: grobe Ehrenbeleidigung, Körperverletzung, gefährliche Drohung, Alkoholgenuß et cetera. Oder wenn jemand ungeachtet vorausgegangener Verwarnung mit Feuer und Licht unvorsichtig umgeht, ist das ein Entlassungstatbestand!

Jetzt ist mir schon klar: 1859 mag es solche Tätigkeiten gegeben haben, wo man mit Hantieren bei offenem Feuer oder Licht irgendwelche unabsehbaren Reaktionen im Betrieb hervorgerufen und den Betrieb oder andere Arbeitnehmer gefährdet hat. Herr Minister! Wir sind aber im Jahr 1997, und die Verhältnisse in den Betrieben haben sich Gott sei Dank geändert. Es ist auch nach modernen arbeitsrechtlichen Bestimmungen durchaus möglich, Personen, die sich grob fahrlässig verhalten, zu entlassen. Das wissen Sie. Aber das braucht nicht in einer Gewerbeordnung, in einem nie stillgelegten Annex einer Gewerbeordnung von 1859 geregelt zu werden. Das Absurde daran ist ja, daß bei allen Novellierungen der Gewerbeordnung dieser Teil immer übernommen beziehungsweise vergessen worden ist.

Ich bringe Ihnen, Herr Minister, und natürlich in erster Linie den Parteien hier im Parlament folgenden Entschließungsantrag zur Kenntnis:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Gewerbeordnung – Entlassungstatbestände

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Entlassungstatbestände der GewO 1859, die auch in der neuen Gewerbeordnung Gültigkeit haben, ersatzlos zu streichen.

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Das ist ganz einfach ein Versuch, diesen alten Kram aus 1859, der mit einem modernen Gewerberecht ohnehin nichts zu tun hat, weil das Gewerberecht nicht die Aufgabe hat, arbeitsrechtliche Beziehungen zu regeln, der Bestimmungen enthält, die für das Jahr 1997, für den Beginn des 21. Jahrhunderts so etwas von weltfremd sind, wegzubekommen. Ich glaube, daß es ein gemeinsames Anliegen der hier im Parlament vertretenen Parteien sein könnte, einen Annex zu einer Gewerbeordnung aus 1859, der noch immer Gültigkeit hat, wie Arbeitsrechtler versichern, zum Beispiel Herr Kuderna, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs, zu eliminieren.

Dieser Punkt steht einem modernen Gewerberecht zwar nicht im Wege, aber es ist einfach eine unwürdige Sache, wenn man hier versuchen sollte, diese Punkte nach wie vor aufrechtzuerhalten und gültig sein zu lassen. Dadurch schafft man natürlich auch für Arbeitnehmer Situationen, die sie an der Ausübung ihrer Tätigkeit unter Umständen in dem einen Punkt behindern, einschränken beziehungsweise mit Entlassung bedrohen.

Was für die Gewerbebetriebe gelten soll und muß, das muß auch für die in den Gewerbebetrieben beschäftigten Arbeiter – nur solche sind hier gemeint – gelten. Deshalb würde ich die hier im Hohen Haus vertretenen Parteien auch bitten, diesem Entschließungsantrag, der keine Revolution in den Entlassungstatbeständen bedeutet, sondern nur einfach verlangt, daß die in der Arbeitsverfassung festgelegten Entlassungstatbestände auch für die Arbeiter die einzig gültigen sind, Rechnung zu tragen und ihm zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

13.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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