Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 93

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

das Erstaunen und auch die Erzürnung in Ihrer eigenen Kammer sehr groß. (Abg. Zweytick: Radikal seid nur Ihr!)

Diese große Erwartungshaltung wurde dann angesichts der Entwürfe immer kleiner, und ich würde heute sagen, die Diskrepanz zwischen dem, was Sie am Anfang propagiert haben – nämlich wirklich einen radikalen Entwurf vorzulegen –, und dem, was dabei herausgekommen ist, ist gewaltig. Es war ein langer Kampf. Ich kann aber nicht nachvollziehen, warum sich jetzt Kollegin Tichy-Schreder so beeilt, von der großen Harmonie und von der großen Eintracht, die da im Endeffekt zustande gekommen sei, zu sprechen und zu meinen, es hätte sich alles in Wohlgefallen aufgelöst. In Wirklichkeit sind, meine Damen und Herren, die Fetzen geflogen! Hinter den Türen bei Geheimverhandlungen sind die Fetzen geflogen. (Abg. Dr. Trinkl: Ihr wart ja gar nicht dabei! Ihr wart ja auf Sonderurlaub!)  – Geh, Herr Kollege Trinkl, das hat doch ein Blinder mitbekommen! Sie haben es, wie es der Kollege Haigermoser geschildert hat, wirklich verstanden, sich überall unbeliebt zu machen. (Abg. Dr. Trinkl: Der war ja auch nicht dabei!) Das war sozusagen der Output von dem, was Sie hinter den Türen verhandelt haben. Beschönigen Sie jetzt bitte nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ihre Verhandlungen mit den diversen Fachinstitutionen, mit Ihren Vertretungskörperschaften, die Sie für sich reklamieren, waren so "erfolgreich", daß überall die Faxe glühten, sodaß kein Mensch mehr eine Nachricht in die Klubs schicken konnte, weil es überall einen Sturm der Entrüstung gab und der Protest so groß war. Die Leitungen sind stillgestanden. Das war Ihre "erfolgreiche" Verhandlungspolitik! Geh, hören Sie mir auf, Herr Kollege! (Abg. Zweytick: Hart, aber herzlich!)

Daher gibt es auch jetzt keinen Anlaß für irgendwelche Lobeshymnen. Ich möchte von dieser Stelle aus sagen: Es wurden einige Verbesserungen erreicht, aber es ist Ihnen kein großer Wurf gelungen. Nehmen Sie gedanklich bitte Abstand von dieser aberwitzigen Idee!

Zweiter Punkt: Ich stelle eine These auf – ich bin so vermessen – und sage Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Solange es keine wirklich umfassende Reform des Kammerwesens gibt, so lange wird Ihnen auch kein großer Wurf bei der Gewerbeordnung gelingen. Ich prophezeie Ihnen das, und Sie können das in einigen Jahren überprüfen. Sie haben in Ihrem Kammerwesen einfach zu viele Aufpasser.

Aus dem Umstand der vielen Aufpasser, die darüber wachen, daß niemand ausschert – daran hat sich durch die neue Gewerbeordnung auch nichts geändert –, resultiert ein Beschäftigungsproblem. Würden Sie nämlich hergehen und die vielen Beschäftigten in den Kammern sinnvoll einsetzen, sodaß Aufträge zustande kommen, sodaß Aufträge vermittelt werden, wie das die Kammern anderer Länder machen, dann würden Sie produktiv für die österreichische Volkswirtschaft arbeiten und sich nicht nur auf die Aufpasserrolle beschränken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

An den Kollegen Kaufmann möchte ich auch ein Wort richten. (Abg. Dr. Trinkl: Sie sind wirklich ein Kenner der Materie!) Kollege Kaufmann hat sich beeilt, vom Rednerpult aus zu sagen: Eigentlich ist dieses Aufmachen etwas Amerikanisches, das abzulehnen ist, in Amerika herrscht das große Drama. – Meine Damen und Herren! In Amerika herrscht nicht das große Drama. Kollege Kaufmann sollte öfter mach Amerika fahren und dort die Verhältnisse studieren. Dort ist ein Beschäftigungswunder entstanden. Dort gibt es aber auch Kammern, die nicht reglementieren, sondern die für ihre Mitglieder tätig sind. Doch dort werden die Kammern akzeptiert, sie haben keine Akzeptanzprobleme, auch wenn es überwiegend Fachkammern sind.

Ich lasse auch das vielstrapazierte Gegenargument des McJobs nicht gelten. Das ist eine Diffamierungskampagne, die in den Bereich der primitiven Antiamerikanismen von späten Ablegern der 68er-Generation gehört.

Meine Damen und Herren! Hören Sie bitte auf, diese neue Gewerbeordnung als große Errungenschaft zu zelebrieren! Sie stellt einen kleinen Schritt mit einigen Verbesserungen dar – das habe ich schon gesagt –, aber zu bejubeln gibt es da nichts. Nehmen Sie bitte einen neuen Anlauf! Gestehen Sie gegenüber der Öffentlichkeit ein, daß zu viele Zentrifugalkräfte wirksam


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite