Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 107

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Bundeskanzler Mag. Klima meinte als damaliger Finanzminister, daß es bis zur Einführung des Euro in Österreich darum geht, "gegen die emotionellen Widerstände der Bevölkerung eine Kampagne zu fahren, um sie überzeugen zu können" (OTS097, 22.11.1996).

Die Europäische Kommission nahm in den Mitgliedstaaten prominente Wirtschaftsfachleute unter Vertrag, um für den Euro zu sprechen. Diese engagierten Wirtschaftsfachleute mußten sich jedoch verpflichten, daß sie bei öffentlichen Aufträgen als unabhängige Persönlichkeiten auftreten, die ihre eigene Meinung vertreten. Doch dieselben Experten mußten zudem unterschreiben, daß sie in ihren Äußerungen und Vorträgen keine Ansichten und Positionen vertreten, die jenen der Kommission widersprechen.

Diese demokratiepolitisch bedenkliche Vorgangsweise der Bundesregierung, aber auch der Organe der Europäischen Union beweisen ganz klar, daß fehlendes Vertrauen, wie auch die mangelnde Zustimmung der Bevölkerung zur geplanten EWU abermals durch billige Slogans (Stichwort: Ederer-Tausender) erkauft werden soll.

Doch die Verwirklichung der gemeinsamen Währung unter den derzeitigen Bedingungen bedeutet:

Einen weiteren Anstieg der dramatisch hohen Arbeitslosigkeit in Europa. Zur Zeit sind EU-weit mehr als 18 Millionen Menschen ohne Arbeit. Studien (z.B. das Londoner ,National Institute of Economic and Social Research‘) gehen davon aus, daß die volle Erfüllung der Konvergenzkriterien den Verlust von weiteren 1,5 Millionen Arbeitsplätzen in ganz Europa bis zur Jahrtausendwende zur Folge haben werden.

Der EU-weite rigorose, in diesem Tempo sonst nicht notwendige und simultan erfolgende Sanierungskurs (Stichwort: Belastungspakete), nur um die fiskalischen Konvergenzkriterien innerhalb von 2 Jahren zu erreichen, sowie die damit einhergehenden Wachstumseinbußen wird die hohe Arbeitslosigkeit in Europa noch weiter nach oben treiben.

Die überhastete Erfüllung der Konvergenzkriterien durch drastische Sparmaßnahmen führt zu sozialen Spannungen und zu Arbeitsmarktproblemen, wie die jüngsten Streiks in den Mitgliedstaaten zeigen. Arbeitsmarkt- und sozialpolitisch notwendige Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit werden daher mangels finanziellen Spielraums seitens des Staates nicht ergriffen. Außerdem läßt die Verpflichtung, daß die Mitgliedstaaten in Hinkunft zumindest ausgeglichen bilanzieren müssen, keine zusätzliche Bereitstellung von finanziellen Mitteln für arbeitsplatzerhaltende und -schaffende Maßnahmen zu.

Selbst über die Sinnhaftigkeit der Kriterien gehen die Meinungen renommierter Wirtschaftsfachleute stark auseinander.

An technischen Umstellungskosten bei Banken werden für den gesamten EU-Raum mindestens 10 Mrd. ECU (rd. 135 Mrd. ÖS) veranschlagt. Lt. Financial Times vom 5.6.1997 belaufen sich die Umstellungskosten sogar auf 25 Mrd. USD (rd. 300 Mrd. ÖS). Diese Kosten können aber durch die propagierten Vorteile nicht abgedeckt werden.

Von den österreichischen Banken wird ein Umstellungsbedarf mit Kosten von ca. 8 Mrd. ÖS prognostiziert. Dazu kommt durch den Wegfall von Geschäftsbereichen (z.B. Wechselstubengeschäft, Devisenhandel, Wechselkursabsicherungsgeschäfte etc.) es zu Ertragsausfällen in einer Größenordnung von 3,5 Mrd. ÖS. Die Folgen werden ein massiver Abbau von Arbeitsplätzen im Bankensektor sowie eine Erhöhung der Bankspesen sein.

Die Umrechnungskurse bzw. deren Berechnungsmethode sind noch nicht bekannt. Die diesbezüglichen Folgen, notwendige Rundungen in Form von Aufrundungen, allfällige Umrechnungsfehler und verdeckte Preiserhöhungen, können zu Lasten der Konsumenten gehen.

In der Währungsunion übernehmen die Löhne die Rolle des Wechselkurses bei der Bewältigung von wirtschaftlichen Problemen und Schocks. Wenn ein Land an Wettbewerbsfähigkeit verliert


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