Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 108

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und die Arbeitslosigkeit steigt, kann es über niedrigere Lohnsteigerungen, Senkung von Lohnnebenkosten, verstärkte Rationalisierungen gegensteuern.

Durch den zu erwartenden Anstieg der Arbeitslosigkeit ist mit einer weiteren Verschärfung der Frühpensionsproblematik bzw. mit einer erschwerten Wiedereinstellung von älteren Arbeitnehmern in den Arbeitsprozeß zu rechnen.

Der Druck auf die Arbeitsmärkte könnte nur gemildert werden, wenn weitere Transferzahlungen (Finanzausgleich) in eine Krisenregion fließen. Zusätzliche finanzielle Zahlungen an die Europäische Union sind nicht zuletzt aufgrund der derzeitigen Budgetsituation unverantwortlich.

Zur Erreichung der Konvergenzkriterien werden eine Vielzahl von Budgettricks (Stichwort: kreative Buchführung) angewandt. So fand etwa Frankreich in der Privatisierung der France Telecom einen Weg, das Budgetdefizit zu reduzieren, indem der Staat von seinem Fernmeldekonzern -zig Milliarden FF kassierte und im Gegenzug die Pensionszahlungen der Telecom-Beschäftigten übernimmt. Belgien verkaufte massiv Gold der Zentralbank, um seinen Schuldenberg abzubauen. Italien hingegen führte eine "Europa-Steuer" ein und kassiert in späteren Jahren fällige Steuern 1997 vorab und verlagert dafür fällige Ausgaben auf spätere Staatshaushalte. Die Auseinandersetzung in Deutschland zwischen Regierung und Bundesbank über die Neubewertung, und damit Aufwertung der Gold- und Devisenreserven, war dem Image des Euro in der Öffentlichkeit auch nicht gerade förderlich. Schließlich werden in Österreich, um die Euro-Hürde leichter nehmen zu können, kommunale Unternehmungen ausgegliedert, um nur einige Beispiele zu nennen. Jedoch nur eine sorgfältig vorbereitete Währungsunion (ohne derartige Manipulationen) ist geeignet die wirtschaftliche Wohlfahrt und Beschäftigungslage gegenüber dem derzeitigen Zustand zu verbessern, wie WIFO-Chef Dr. Kramer, in der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie zu den Auswirkungen der WWU feststellt.

Eine, einerseits durch Budgettricks angestrebte und andererseits, seit dem Wahlsieg des Linksbündnisses in Frankreich geforderte, und infolge einer großzügigen Auslegung der Konvergenzkriterien immer wahrscheinlicher werdende große Währungsunion ist mit höheren wirtschaftlichen Risiken behaftet sowie mit einer Gefährdung der inneren (Preisstabilität) und äußeren Stabilität verbunden. D.h., entgegen den Versprechungen der Regierung ist in diesem Fall ein weicher Euro zu erwarten.

Eine Abschaffung des Schilling geht, lt. einer neuen Studie des Center for Economic Studies in München vom Mai 1997, mit einem enormen Ressourcentransfer, einem finanziellen Verlust für Österreich in der Höhe von bis zu 5,3 Milliarden DM (rd. 37 Mrd. ÖS) einher, da die Oesterreichische Nationalbank ihre Geldschöpfungsgewinne an die Europäische Zentralbank (EZB) abtreten muß.

Die Entscheidung eine Währungsunion zu gründen ist somit unter den derzeitigen Voraussetzungen, wie die Ereignisse der letzten Wochen klar aufzeigen, überhaupt nicht ökonomisch begründbar, sondern geht einzig und allein auf den politischen Willen zurück, wobei bereits Großbritannien und Dänemark das vertraglich festgelegte Recht haben, trotz Erfüllung der Konvergenzkriterien, auch dann nicht an der WWU teilzunehmen. Schweden gab im Zuge der Beitrittsverhandlungen eine Erklärung ab, über eine etwaige Teilnahme an der WWU selbst zu entscheiden.

Da weder der Weg in die Europäische Währungsunion derzeit sozial- und arbeitsmarktverträglich ausgestaltet ist, noch die monetären Konvergenzkriterien die äußerst problematische und drastische Beschäftigungslage in irgendeiner Art und Weise berücksichtigen, und die Erfüllung dieser Kriterien zu Arbeitsplatzverlusten führt, ist es nicht vertretbar, bereits 1999 eine gemeinsame Währung zu schaffen. Vielmehr ist die Aufnahme eines zusätzlichen Konvergenzkriteriums, das ein hohes Beschäftigungsniveau als wirtschaftspolitische Zielgröße definiert, sowie eine Verschiebung des Starttermins zur Vermeidung von Nachteilen für die Arbeitnehmer und zur Minimierung der Risken, aufgrund einer überhasteten Einführung des Euro, unbedingt erforderlich. Diese Ansicht setzt sich auch zunehmend in anderen Mitgliedsstaaten durch, wie die laufenden Diskussionen in Frankreich, Italien oder Deutschland zeigen. Gerade das Maastricht-


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