Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 115

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Versprochen wurde, daß es keine Pensionskürzungen geben werde. – Tatsächlich haben wir schon Nullrunden hinter uns, und jetzt beginnen Sie mit einer neuen Inkassomethode, anstatt ein Konzept auf den Tisch zu legen.

Herr Bundeskanzler! Wer hindert Sie daran, einmal nachzuforschen, ob nicht vielleicht die Administration des gesamten Sozialversicherungssystems zu reformieren wäre, bevor Sie Leistungen kürzen und Beiträge erhöhen? Wer hindert Sie daran, damit zu beginnen, die 28 Sozialversicherungsanstalten zusammenzulegen? Legen Sie die 28 Anstalten zusammen und machen Sie fünf daraus! Es gibt dafür vernünftige Konzepte. Verhindern Sie einen Verwaltungsaufwand von 11 Milliarden Schilling!

Es funktioniert ohnehin alles nicht. Die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter hat einen neuen Computer gekauft, der bis heute nicht funktioniert, und die Mitarbeiter müssen mit dem Taschenrechner die Pensionszeiten ausrechnen. Das dauert im Durchschnitt länger als neun Monate! Sind das die modernen Leistungen des Staates, die Sie uns versprochen haben? Fahren Sie lieber dort dazwischen, anstatt den Leuten etwas zu kürzen, für das sie ihr Leben lang fleißig gearbeitet haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Fahren Sie dort dazwischen, wo Sie sparen könnten, etwa bei der Oesterreichischen Nationalbank! Ich kann nicht einsehen, daß Sie jetzt bei den Pensionisten und bei denjenigen, die in den nächsten Jahren in Pension gehen werden, scharfe Maßnahmen ergreifen, aber zugleich zusehen, wie in der Oesterreichischen Nationalbank für 1 300 Pensionisten 24,6 Milliarden Schilling Pensionsreserven gebildet worden sind, obwohl man weiß, daß dort die große Masse derer, die von diesem System begünstigt werden, ihr ganzes Leben lang keinen Schilling Pensionsbeitrag bezahlt haben! Erst seit dem Jahr 1993 bezahlen sie freiwillig 2 Prozent Pensionsbeitrag, freiwillig und ohne Verpflichtung. Das ist doch ungeheuerlich!

Herr Bundeskanzler! Ich glaube daher, daß Sie dort eingreifen und nicht hergehen und sagen sollten: Wir können uns die Pensionen nicht mehr leisten, daher – Rübe ab und darübergefahren! – Gleichzeitig aber richten Sie für die Politiker eine eigene Pensionskasse ein, in welcher der Staat noch einmal mit 10 Prozent für die erforderliche Deckung sorgt. Das alles paßt nicht zusammen: hier die politische Klasse, die es sich richtet, und dort draußen die Menschen, denen man eins drübergibt, auch wenn sie fleißig gearbeitet haben. Das verstehen die Menschen nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist sehr einfach, herzugehen und zu sagen: Die Beamten sind daran schuld, daß alles nicht funktioniert. – Aber wer hat dieses System geschaffen? Wer regiert seit 1945? Wer hat die Macht in Händen, es besser zu machen?

Nicht die Beamten sind schuld, sondern das System, das letztlich Bürokratie in einem Ausmaß erzwingt, daß die Bürokratie selbst mit den Anforderungen nicht mehr zu Rande kommt. Denken Sie nur an das Gesetz über die Mindestkörperschaftsteuer, das diese Regierung gemacht und der Verfassungsgerichtshof jetzt aufgehoben hat. 130 000 Anträge werden derzeit in Sachen Mindestkörperschaftsteuer in den Finanzämtern gelagert. Allein wegen dieses blödsinnigen Gesetzes stehen 130 000 Anträge zur Behandlung und sind 11 000 Klagen eingereicht worden! Da zeigt sich, was danebengeht. 1 Milliarde Schilling Steuerrückstände, die nicht eingetrieben werden, gibt es allein im kleinen Finanzamt Klagenfurt! Beträge unter 10 000 S werden von vornherein nicht mehr eingetrieben, weil dort nur drei Exekutoren tätig sind. Drei Personen sollen alle diese Rückstände hereinbringen. – Das kann nicht funktionieren, Herr Bundeskanzler!

Oder: die Rückerstattung der Außenhandelsförderungsbeiträge: 200 000 Anträge sind allein beim Hauptzollamt Wien zu bearbeiten! 50 000 Parteien wurden über ihre Rückforderungsansprüche schriftlich informiert. Zu alledem konnte es nur kommen, weil Sie von der Regierung gesetzwidrig gehandelt haben! Weil Sie die Verfassung und die Gesetze nicht eingehalten haben, sind Tausende und Abertausende bürokratischer Akte zu erledigen, weil die Leute mit Gerichtsurteil ihr Geld zurückverlangen müssen. Das ist der Zustand dieser Republik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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