Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 143

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als ein Europa des Geldes und nicht der Arbeitslosen stammt noch aus der nun dem Ende zugehenden Ära des Neoliberalismus mit seinen marktradikalen Übertreibungen."

Ich finde, das ist eine präzise Beschreibung dessen, was die europäischen Regierungen an Politik oder Nichtpolitik in den letzten Jahren in bezug auf Europa vorgelebt haben. Das hat dazu geführt, daß die Spannungen nicht nur innerhalb der Länder, sondern auch zwischen den europäischen Ländern wieder zugenommen haben.

Auf Österreich bezogen möchte ich sagen, da jetzt nur mehr Sie, Herr Staatssekretär, da sind: Sie waren einer derjenigen, die noch vor wenigen Wochen gesagt haben, die Umstellung auf den Euro koste uns nichts, sie werde zu keinen Mehrkosten führen. Herr Staatssekretär! Wenn Sie in der Frage des Euro eine Politik betreiben wollen, die den Österreicherinnen und Österreichern auch glaubwürdig erscheinen soll, dann müssen Sie die Fakten auf den Tisch legen. Aber Sie legen die Fakten nicht auf den Tisch! Selbstverständlich wird die Umstellung, egal in welchem Bereich, nicht nur den Steuerzahler oder den Versicherungsnehmer, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger ganz allgemein, egal, welche Dienstleistung sie auch immer abfragen, Geld kosten.

Ich nenne nur – es sind ja schon Beispiele genannt worden – die 8 Milliarden Schilling direkte Umstellungskosten im Bankensektor und die indirekten Umstellungskosten durch die Arbeitsplatzverluste beziehungsweise durch den Entfall der Einnahmen.

Die kleinen und mittleren Unternehmen, bezüglich der es vorige Woche von seiten der Wirtschaft eine Konferenz gegeben hat, warnen die Experten vor der zu späten Vorbereitung auf die Umstellung, weil sie nicht gerüstet sein werden. Ja was glauben Sie, welchen Effekt das haben wird, wenn die kleinen und mittleren Unternehmen nicht vorbereitet werden?

Herr Staatssekretär, warum werden sie nicht vorbereitet? Angeblich gibt es auch vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Studien, die versuchen, die Auswirkungen des Euro auf kleine und mittlere Unternehmen zu beschreiben. Offensichtlich werden diese Studien wieder einmal unter Verschluß gehalten. Das ist genau dieselbe Politik wie schon vor Jahren, vor dem Beitritt zur Europäischen Union, eine Politik, bei der nicht diskutiert wird, bei der die Vor- und Nachteile nicht gegenübergestellt werden, bei der nicht versucht wird, eine gemeinsame Politik zu machen, bei der nicht versucht wird, auch in Europa etwas weiterzubringen.

Es ist ja eine komische, fast absurde Situation, daß wir Grüne immer als diejenigen auftreten müssen, die von allen Parteien hier im Parlament am europäischsten sind. Schauen Sie sich doch an, wie Sie bei den letzten Europawahlen den Wahlkampf geführt haben! Schauen Sie sich doch an, mit welchen nationalen Parolen Sie aufgetreten sind! Es ist absurd und lächerlich, daß Sie jetzt schon wieder, und zwar unter dem Vorwand, das alles geritzt sei, den Österreicherinnen und Österreichern eigentlich alles verschweigen, was im Zusammenhang mit der Europäischen Union zu sagen wäre.

Es gäbe noch genug Beispiele anzuführen. Die österreichischen Versicherungen sind nicht europareif, stellt eine Studie fest. Die österreichische Pensionsversicherung sagt: Natürlich wird es bei der Umstellung Kosten geben, die Pensionisten sollen sie nicht zahlen, aber wahrscheinlich müssen sie durch Beitragserhöhungen bezahlt werden, weil die Pensionsversicherung beziehungsweise die Sozialversicherung insgesamt kein Geld mehr hat, um die Umstellungskosten zu bezahlen. Das ist die Realität!

Meine Damen und Herren! Was nützt uns dieses Europa ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter, bitte den Schlußsatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Was nützt uns dieses Europa, wenn es nicht von einer sozialen Verantwortung getragen ist? Diese fordern wir ein! Diese brauchen wir als Voraussetzung, um uns für oder gegen einen Euro entscheiden zu können! (Beifall bei den Grünen.)

17.13


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