Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 183

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Nun zur Berufsreifeprüfung, zum sogenannten Quantensprung in Österreichs Bildungspolitik: Hoch klingt das Lied vom braven Höchtl samt Antoni – so könnte man zusammengefaßt die Jubelmeldungen über diese Gesetze in Pressemitteilungen kurz nennen. (Abg. Dr. Höchtl: Du kannst dich aber anschließen! – Abg. Dr. Khol: Weißt du, wie das Lied weitergeht?) Ja, ich weiß auch, wie es weitergeht. (Abg. Dr. Khol: Wer niemals einen Rausch gehabt, der ist kein braver Mann!)

Kollege Öllinger! Es war nicht ganz fair, den Präsidenten bezugnehmend auf seine Presseaussendungen in dieser Sache zu attackieren, wenn er sich vom Präsidium aus nicht zu Wort melden kann. Es ist vor allem nicht fair, die Presseaussendung so auszugsweise zu zitieren, daß sie tatsächlich entstellt ist.

Herr Präsident Brauneder schreibt: "Grundsätzlich sei eine höchstmögliche Durchlässigkeit des Bildungssystems zu begrüßen und daher immer schon ein freiheitliches Anliegen gewesen. ... Um auch Lehrlingen den Zugang zur Universität zu erleichtern, wollen die Freiheitlichen anstelle eines komplizierten Systems neuer Prüfungen eine Modifikation der Studienberechtigungsprüfung. Es sei nämlich durchaus begrüßenswert und sinnvoll, den allgemeinen Hochschulzugang aufgrund der allgemeinen Hochschulreife um einen berufsspezifischen Zugang aufgrund wertvoller Berufserfahrung zu ergänzen. ,Nur weil es zwei Ressorts gibt‘, so Präsident Brauneder, ,muß es nicht zwei Arten von Hochschulzugängen neben den bestehenden Reifeprüfungen geben.‘" – Zitatende.

Dieser letzte Satz deckt sich mit der Kritik, die von den Universitäten zu dieser Berufsreifeprüfung allenthalben unisono kommt, gepaart mit dem Vorwurf, daß es versäumt wurde, in einem Begutachtungsverfahren den Betroffenen – und das sind die Universitäten, bei denen letztlich jene landen, die wir jetzt zur Reife führen – eine Mitsprachemöglichkeit zu geben. Es gibt mehrere bestehende Aufnahmemöglichkeiten, Kollege Höchtl. Es ist nicht richtig, was Sie sagen, wenn Sie meinen, wir hätten es erstmals geschafft, diesen Zugang zu ermöglichen. Sie kennen die drei Möglichkeiten, die drei praktizierten und durchaus ausgenützten Möglichkeiten, von einer Lehre an die Universitäten zu kommen. Viele haben das seit dem Jahre 1945 – aus dieser Zeit stammen die ersten gesetzlichen Regelungen dafür – geschafft.

Es sitzen auch einige Abgeordnete hier, die sich von der Lehre über den zweiten Bildungsweg und über Studien emporgearbeitet haben. Das ist nichts Neues und nichts Einmaliges. Das ist lediglich eine Erweiterung, ein Gesetz zu dieser Materie. Wir Freiheitliche haben nichts gegen ehemalige Lehrlinge an den Unis, bei Gott nicht! 1 Prozent jener, die über den zweiten Bildungsweg zu einer Matura gekommen sind, war etwa im letzten Studienjahr unter den Erstinskribenten an unseren Hochschulen. Das ist gut so, das soll nicht verhindert werden. Wir bezweifeln nur, ob dafür ein weiteres Gesetz mit einem derartigen Umfang erforderlich ist.

Wir sind ganz sicher, daß der Zugang zu den Universitäten, den wir mit einem Gesetz aus dem Jahre 1993 geschaffen haben, durchaus einen ausreichenden Rahmen bietet. Mein Kollege Schöggl wird das später in einem Abänderungsantrag, der inzwischen verteilt wurde und der mit einer geringfügigen Erweiterung dieses Gesetzes identische Möglichkeiten schafft, auch begründen, allerdings mit einem Unterschied, nämlich mit jenem, daß es in der Hand der Universitäten liegt, die Aufnahme zu gestalten.

Präsident Brauneder hat mir soeben einen Ordner übergeben. In diesem Ordner befinden sich eine Reihe von Aufnahmegesuchen an seine Fakultät, die er als Zuständiger bearbeiten durfte und in der Regel positiv erledigt hat. Es handelt sich dabei vorwiegend um Menschen, die über Lehrwerkstätten, über den zweiten Bildungsweg an die Universitäten gelangten und dort in den meisten Fälle reüssierten. Er hat sich mit dieser Thematik intensiv beschäftigt und ist aus diesem Grund zu dem Ergebnis gekommen, daß wir in der Tat kein weiteres Gesetz brauchen, sondern daß lediglich die bestehenden Einrichtungen entsprechend genützt werden müssen.

Es besteht derzeit die Möglichkeit der Externistenprüfungen. In diesem Bereich haben sich Privatschulen etabliert, und zwar nicht nur schlechte oder welche mit schlechten Ergebnissen. Dem gestrigen Ruf danach, auch den schulischen Bereich in Richtung Privatisierung zu verla


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